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Interview mit StS Martin Jäger

AWE: Herr Staatssekretär (herzlichen Glückwunsch zum neuen Amt), Sie starten mit einem Rekordhaushalt des BMZ in Ihr neues Amt; 9,4 Mrd. Euro sind für 2018 geplant. Sind Sie damit zufrieden? Was sind Ihre wichtigsten Vorhaben für die nächsten Jahre?

StS Jäger: Die Höhe unseres diesjährigen Haushaltes ist ein Erfolg, keine Frage. Der Haushaltsaufwuchs über die vergangenen Jahre zeigt allerdings auch, dass die weltweiten Herausforderungen gestiegen sind. Flucht, Hunger, Klimawandel – um nur drei Themen zu nennen – werden uns auch in Zukunft beschäftigen. Diese Anforderungen müssen auch die zukünftigen Haushalte abbilden.

Die Menschen in und um Syrien sind auf unsere Unterstützung angewiesen. Allein mit unserem Programm „Cash for Work“ haben wir im Krisenbogen um Syrien über 185.000 Jobs für Flüchtlinge und Menschen in den aufnehmenden Gemeinden geschaffen. Darunter sind fast 20.000 Lehrerinnen und Lehrer, die zwischen 300.000 und 350.000 Flüchtlingskinder unterrichten. Unser dortiges Engagement werden wir aufrechterhalten müssen.

Auch Afrika ist und bleibt ein langfristiger Schwerpunkt: Der „Marshallplan mit Afrika“ ist unser Konzept der nächsten Jahre für Reformen, Beschäftigung und wirtschaftliche Entwicklung. Daher werden wir die Strukturen für mehr private Investitionen, insbesondere der deutschen Wirtschaft, verbessern.
Dafür brauchen wir ein neues Zusammenspiel zwischen Partnerländern, Entwicklungszusammenarbeit, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um die nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigungsförderung in den Mittelpunkt zu rücken.

AWE:  Wie will das BMZ konkret Zukunftsperspektiven vor Ort, insbesondere in Afrika,  schaffen?

StS Jäger: Afrikas Bevölkerung wird sich vermutlich bis 2050 verdoppeln. Um diesen Menschen eine Perspektive im eigenen Land bieten zu können, müssen jedes Jahr 20 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen. Die Arbeitsplätze schafft nicht der öffentliche Sektor, hierfür brauchen wir die Privatwirtschaft. Wir können hier zumindest den Weg ebnen. Deshalb gehen wir im BMZ mit der Sonderinitiative „Ausbildung und Beschäftigung“ ganz neue Wege. Es geht uns darum, unsere entwicklungspolitischen Instrumente zu nutzen, um nachhaltige Investitionen in Afrika zu ermöglichen – ganz im Sinne des Marshallplans mit Afrikas und der G20 Compacts. 

Das bedeutet konkret, dass wir unsere Vorhaben im Rahmen der Sonderinitiative gemeinsam mit den Unternehmen entwickeln werden. Ein Beispiel: Ein potenzieller Investor will sich in Tunesien engagieren, am Investitionsstandort mangelt es aber an qualifizierten Arbeitskräften. Oder die Zollverfahren dauern so lange, dass die Produktion beeinträchtigt ist. Dann wollen wir genau diese Herausforderungen gemeinsam mit dem Unternehmen und der Partnerregierung angehen. Und der zweite Schritt ist, dass wir Wirtschaftsstandorte so attraktiv machen wollen, dass mehr Unternehmen investieren – beispielsweise mit Industrie- und Gewerbeparks für besonders wettbewerbsfähige Branchen. Dort könnten wir gezielt Investitionshemmnisse mit dem gesamten Spektrum unserer entwicklungspolitischen Instrumente angehen und aus dem Weg schaffen.

Wir werden die Sonderinitiative noch in diesem Jahr in Äthiopien, Marokko und Tunesien starten. Ab 2019 wollen wir die Initiative dann – vorbehaltlich der Bundestag bewilligt uns die erforderlichen Mittel – auf weitere Länder ausweiten. Unser Ziel ist ambitioniert: Wir wollen dazu beizutragen, dass Arbeitsplätze in Afrika entstehen können und den Menschen damit eine Zukunftsperspektive in ihrer Heimat gegeben wird.

AWE: Zahlreiche deutsche Unternehmen engagieren sich bereits erfolgreich auf dem afrikanischen Kontinent bei der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern. Wie kann die deutsche Entwicklungszusammenarbeit hier unterstützen?

StS Jäger:  Gut ausgebildete Fachkräfte sind das Rückgrat einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und ein wesentlicher Investitionsfaktor. Gerade deswegen spielen Bildung und Ausbildung in der Entwicklungszusammenarbeit eine so zentrale Rolle.

Dabei müssen Ausbildungsprogramme so ausgestaltet sein, dass sie die konkrete Nachfrage des Arbeitsmarktes berücksichtigt. Und wer kennt den Bedarf besser als die Privatwirtschaft selber?
Darum setzen wir zahlreiche Ausbildungsprogramme gemeinsam mit der Privatwirtschaft um. So haben sich zum Beispiel die Unternehmen VW, SAP, Inros Lackner und Siemens in einer Mobilitäts- und Ausbildungspartnerschaft mit dem Titel „Moving Rwanda“ zusammengeschlossen. Im Rahmen dieser Initiative sollen bis zu 5.000 neue nachhaltige Jobs in Ruanda geschaffen werden: Als Mechaniker für die Wartung der Fahrzeugflotte, als Techniker beim Bau von Anlagen für die Erzeugung erneuerbarer Energien oder als Entwickler für Software-Lösungen.

Wir setzen insbesondere auf die Innovationskraft und international anerkannte Expertise des deutschen Mittelstands.

Wir unterstützen dieses Engagement der Privatwirtschaft überall da, wo wir wichtige Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung setzen können. So etwa über das develoPPP.de-Programm, mit dem wir knapp 2.000 Entwicklungspartnerschaften mit der deutschen und europäischen Wirtschaft umsetzen konnten.

AWE: Am 11. Oktober 2018 wird die AWE Bilanz über zwei Jahre Beratung ziehen. Zugleich wird die AWE im Rahmen ihres NAP Helpdesk ihr neues Unterstützungsangebot für Unternehmen, den „Risiko-Check“ vorstellen. Was erwarten Sie von der Agentur in Zukunft?

StS Jäger: Die Ergänzung des Beratungsangebotes der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung um den NAP Helpdesk begrüße ich.

Die Agentur für Wirtschaft & Entwicklung wurde mit dem Ziel eingerichtet, Unternehmen passgenau an die Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit heranzuführen. Viele Unternehmen wissen gar nicht, mit welchen Programmen wir sie als BMZ unterstützen können, wenn sie sich in Entwicklungsländern engagieren wollen.

Und es sind gerade die Mittelständler, die wir erreichen wollen und für diesen Schritt begeistern möchten: Wir stehen ihnen dabei nicht nur mit unserer Expertise und Rat und Tat zur Seite, sondern auch mit einschlägigen Förderprogrammen und -instrumenten. Insofern würde ich mir wünschen, dass die Agentur künftig genau diese mittelständischen Unternehmen noch stärker erreicht, um dann in Kooperation mit dem BMZ wirkungsvolle Projekte in unseren Partnerländern umzusetzen.

Ohne die Privatwirtschaft werden wir die globalen Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen. Darum spielt die AWE eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, deutsche Unternehmen für entwicklungspolitisches Engagement zu gewinnen und dadurch ihren Beitrag zur Erreichung dieser Ziele zu leisten. Für diese Aufgabe wünsche ich Ihnen weiterhin gutes Gelingen und danke den Kolleginnen und Kollegen für die bisher geleistete Arbeit!

Gruppenfoto von Gästen auf AWE Veranstaltung

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