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„Europäische Unternehmen dürfen das Potenzial Afrikas nicht verschlafen“

Gebäude der Afrikanischen Entwicklungsbank

Für Unternehmen bietet die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB) zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten. Nachdem die AWE kürzlich zu Ausschreibungen informierte und Tipps für eine erfolgreiche Bewerbung gab, sprachen wir nun mit dem aktuellen Exekutivdirektor der AfDB. Niels Breyer berichtet von derzeitigen Schwerpunkten und gibt einen Ausblick auf die Zukunft.

AWE: Herr Breyer, Sie sind seit einigen Wochen als Exekutivdirektor bei der Afrikanischen Entwicklungsbank in Abidjan – was genau sind Ihre Aufgaben?

Breyer: Das Exekutivdirektorium der Bank besteht aus 20 Vertreterinnen und Vertretern der Mitgliedsländer der Bank. Es ist in Abidjan lokalisiert und mit einem ständig tagenden Aufsichtsrat nach angloamerikanischer Governancestruktur vergleichbar. Das Exekutivdirektorium verabschiedet die wesentlichen Sektor- und Länderstrategien für die Ausleihepolitik der Bank, die banktypischen Regelungen für das Aktiv- und Passivgeschäft wie auch für Personalwesen und Verwaltung. Die Umsetzung obliegt dann dem Management unter Leitung des Präsidenten.

AWE: Die AfDB ist eine der größten Entwicklungsbanken der Welt mit einem Milliardenhaushalt an dem auch Deutschland beteiligt ist. Was sind die aktuellen Schwerpunkte der Bank?

Breyer: Wie im Rest der Welt steht aktuell die Bekämpfung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie im Vordergrund. Traditionell ist die Bank stark in der Infrastrukturfinanzierung engagiert, insbesondere im Kontext der regionalen Integration. Die Schaffung der neuen afrikanischen Freihandelszone wird – auch wenn sie nur Schritt für Schritt verwirklicht werden wird – diesen Bereich zusätzlich beflügeln. Weitere Schwerpunkte sind der Klimaschutz und der Ausbau erneuerbarer Energien, Landwirtschaft und Ernährungssicherung sowie der Aufbau von Wertschöpfungsketten im verarbeitenden Gewerbe.

AWE: Was hat sich durch Corona verändert? Wie reagiert die AfDB auf die Krise?

Breyer: Corona stellt die Bank vor große Herausforderungen. Sie musste in Windeseile umfangsreiche Hilfspakete schnüren, um ähnlich wie bei uns die Wirtschaft zu unterstützen und den Ausfall von Deviseneinnahmen, zum Beispiel aus dem Tourismus oder dem Zusammenbruch von Lieferketten, aufzufangen. Eine Fortsetzung dieser Hilfsmaßnahmen im kommenden Jahr wird nur möglich sein, wenn es gelingt, die Kapitalbasis der Bank zu stärken.

AWE: Welche Bedeutung kommt der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu und welche Kooperationsformen gibt es?

Breyer: Die Förderung des Privatsektors steht ganz oben auf der Agenda der Bank. Hier geht es um Darlehen und Garantien für Investitionsmaßnahmen, aber auch um Equityfinanzierung. Die Bank wird in den nächsten Jahren ihr Instrumentarium innovativer gestalten und hat sich dazu auch personell neu aufgestellt.

AWE: Welche Rolle spielen europäische Unternehmen bei der AfDB? Wie ist es um die Kooperation mit deutschen Unternehmen bestellt? 

Breyer: Europäische Unternehmen können sich auf Ausschreibungen für Projekte bewerben, die von der AfDB finanziert werden. Unternehmen aus Frankreich, Italien oder Spanien haben hieran mehr Interesse als deutsche Firmen. Bei uns gibt es Luft nach oben. Darüber hinaus finanziert die Bank größere Unternehmensinvestitionen in Afrika zu denen auch deutsche Unternehmen im Rahmen von Joint Ventures Zugang haben.
 

Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB)

Als regionale Entwicklungsbank fördert die AfDB seit 1964 Investitionen in die wirtschaftliche Entwicklung ihrer regionalen Mitgliedsstaaten. Neben der Förderung kontinentaler Integration verfolgt sie dabei das übergeordnete Ziel der Armutsbekämpfung, wobei sie eng mit den Vereinten Nationen, der Weltbank und weiteren multilateralen Institutionen kooperiert. Mit der Vergabe finanzieller Mittel und Kredite fördert die AfDB Projekte in diversen Bereichen wie Landwirtschaft, Infrastruktur, Bildung, Energie und urbane Entwicklung. Darüber hinaus unterstützt die AfDB ihre regionalen Mitgliedsstaaten mit technischer und administrativer Expertise. Von ihrem Hauptsitz in Abidjan (Côte d’Ivoire) erarbeitet die Bank langfristige Strategien und überwacht die Implementierung ihrer Vorhaben. Mit diversen Länderbüros verfügt sie zudem über zahlreiche lokale Zweigstellen. Neben 54 afrikanischen Staaten zählt die Bankengruppe weitere 27 nicht-afrikanische Länder zu ihren Mitgliedstaaten, darunter seit 1983 auch Deutschland.

AWE: Die AfDB bietet ja auch Finanzierung von Projekten an, nach welcher Art Projekten sucht die AfDB und um welche Volumina handelt es sich?

Breyer: Die Schwerpunkte für die kommenden Jahre habe ich bereits genannt. Grundsätzlich dürfte für deutsche Unternehmen die Energiesparte interessant sein. Um die Wirtschaftlichkeit in der Bank zu erhöhen, wird für die kommenden Jahre darüber nachgedacht, die Volumina pro Kredit zu erhöhen. Man darf von nennenswerten ein-, eher zweistelligen Millionenbeträgen als Untergrenze ausgehen.

AWE: Könnten Sie uns ein Beispiel für ein kürzlich finanziertes Projekt geben?

Breyer: Die Bewältigung der Covid-Krise steht derzeit im Mittelpunkt. Die letzten bewilligten Projekte waren wirtschaftliche und soziale Unterstützungsmaßnahmen für Tansania und die DR Kongo sowie gezielte Hilfe für die afrikanischen sogenannten CDC (African Centres for Disease Control and Prevention) in der Pandemiebekämpfung.

AWE: Im Bereich der Vergabe werden ja viele Projekte von lokalen Regierungen ausgeschrieben und vergeben. Wie können deutsche Unternehmen sicher sein, dass diese Prozesse fair und transparent verlaufen?

Breyer: Die meisten Projekte werden transparent und vertragsgemäß durchgeführt, das sollte als erstes klargestellt werden. Die Projektauswahl durch die Gremien der AfDB stellt sicher, dass nur Projektträgern mit guter Reputation Kredite oder Zuschüsse gewährt werden, schließlich ist auch die Bank an pünktlicher und reibungsloser Rückzahlung interessiert. Allerdings gibt es überall schwarze Schafe. Unternehmen sollten sich daher gut beraten lassen, damit wasserdichte Verträge abgeschlossen werden. Hier kann auch die AWE unterstützen. Als letztes Mittel steht der internationale Rechtsweg offen, aber das ist natürlich ein kostspieliger und langwieriger Weg und nur für diejenigen geeignet, die einen langen Atem haben. 

AWE: Welche Sektoren und Technologien werden in den kommenden Jahren besonders wichtig sein für die AfDB? Gibt es in Afrika regionale Unterschiede?

Breyer: Die Bekämpfung des Klimawandels wird eine wichtige Rolle einnehmen. Hier haben deutsche Unternehmen aufgrund ihres technologischen Vorsprungs gute Möglichkeiten, sich wettbewerbsfähig anzubieten. Das betrifft meines Erachtens den Bereich der erneuerbaren Energien, aber Umwelttechnologie ganz allgemein. Hier kommt auch die klimagerechte Landwirtschaft ins Spiel, denn die Bekämpfung von Hunger und Unterernährung bleibt in einigen Teilen Afrikas ein wichtiges Entwicklungsziel.

AWE: Welche Prioritäten wollen Sie in den kommenden Jahren hinsichtlich der Zusammenarbeit mit dem europäischen Privatsektor vorantreiben?

Breyer: Die Potenziale eines Engagements in Afrika müssen noch stärker vermarktet werden. Afrika hat stellenweise immer noch Krisen und Probleme, aber auch viele Entwicklungsschritte erfolgreich bewältigt. Eine kaufkräftige Mittelschicht wächst in vielen Ländern heran, der Privatsektor floriert, viele junge Unternehmerinnen und Unternehmer gründen Start-ups. Europa und europäische Unternehmen dürfen diese Entwicklung nicht verschlafen und am Ende nur China überlassen. Hierfür müssen wir ein realistischeres Afrikabild vermitteln und Entwicklungserfolge in der Öffentlichkeit viel besser darstellen. Allerdings wünsche ich mir manchmal auch etwas mehr Mut bei den deutschen Unternehmen zum Investieren.
 

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Carolin Welzel

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