Tunesien und Dominikanische Republik: Tourismus, der Umwelt nützt
Aktuelle Herausforderungen, wie die Corona-Pandemie oder der Klimawandel, treffen touristische Unternehmen in Schwellen- und Entwicklungsländern besonders stark. Um diese Länder widerstandsfähiger zu machen und als attraktive Reiseziele zu erhalten, braucht es eine nachhaltige Entwicklung. Deshalb sollte das wirtschaftliche Plus nicht auf Kosten von Natur und Ressourcen gehen. Mit Trainings, Ideenwettbewerben und der Weiterentwicklung von Qualitätsstandards kooperieren deshalb Mitglieder desBranchendialogs „Tourismus für nachhaltige Entwicklung“ mit lokalen Unternehmen in Tunesien und in der Dominikanischen Republik.
Endlose Sandstrände, azurblaues Meer, Sonne satt: es ist vor allem die Natur, die jährlich unzählige Urlauber:innen nach Tunesien und die Dominikanische Republik lockt. Mit mehr als neun Millionen Tourist:innen gehörte Tunesien 2019 zu den am meisten besuchten Ländern Afrikas, während die Dominikanische Republik mit über sieben Millionen Reisenden 2019 zu den beliebtesten Touristenzielen in der Karibik zählte. Dann kam die Pandemie.
Nach Angaben der Weltorganisation für Tourismus der Vereinten Nationen (UNWTO) gingen internationale Tourismuseinkünfte 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weltweit um 74 Prozent zurück – mit schwerwiegenden Auswirkungen für Schwellen- und Entwicklungsländer, die besonders von den touristischen Einnahmen abhängig sind. Insbesondere Frauen, die häufig die Mehrheit der Beschäftigten im Tourismus ausmachen, verloren ihre Jobs.
Einkommensverluste im Tourismus treffen nicht nur die Familien hart, sie beschleunigen auch den Biodiversitätsverlust. Illegale Fischerei nahm in Tunesien während der Pandemie wieder zu, in der Dominikanische Republik wurden Mangrovenwälder für Aquakultur, Landwirtschaft, Infrastrukturmaßnahmen und für die Gewinnung von Brennholz verstärkt abgeholzt. Gleichzeitig bedroht die Klimakrise die Artenvielfalt. Schon jetzt sind die Auswirkungen der Erderwärmung in der Dominikanischen Republik zu spüren. Hurrikane und Sturmfluten nehmen zu und sind zugleich eine Gefahr für den Tourismus, wenn die Reisenden aus Sorge und Vorsicht ausbleiben.
Touristische Betriebe als Teil der Lösung für mehr Nachhaltigkeit
Um den Tourismus weniger krisenanfällig zu machen, braucht es kluge Lösungen. Im Rahmen des Corona-Hilfspakets Tourismus des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) setzen die Mitglieder des Branchendialogs Tourismus für nachhaltige Entwicklung seit Juli 2021 unter anderem Projekte in Tunesien und Dominikanische Republik um.
Ziel ist es, bestehende touristische Betriebe auf ihrem Weg zu widerstandsfähigeren Geschäftsmodellen zu unterstützen und einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in der Region zu leisten. Das Know-how deutscher Touristikunternehmen kann dabei einen wesentlichen Beitrag leisten: Große Reiseanbieter geben zum Beispiel Empfehlungen über ausgewählte Maßnahmen zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs, zur Vermeidung von unnötigen Lebensmittelabfällen und Plastikmüll in Hotels und Unterkünften und fördern somit den Umwelt- und Naturschutz.
Tunesien: Mit Trainings und praktischen Anleitungen Bewusstsein schaffen und Veränderung gestalten
In Tunesien haben Hotelmanagerinnen und -manager 17 großer All-inclusive-Anlagen sowie Mitarbeitende 13 kleinerer inhabergeführter Hotels an den Trainings teilgenommen. Die Schulungen haben sie für die wachsende Bedeutung einer nachhaltigen Ausrichtung sensibilisiert. Durch praxisorientierte Anleitungen lernten die Teilnehmenden zum Beispiel, den Verbrauch knapper Ressourcen wie Wasser und Energie in ihren Anlagen zu minimieren und erarbeiteten konkrete Aktionspläne für die Umsetzung. Gleichzeitig ging es um soziale Aspekte wie faires Einkommen, Arbeitsrechte und Gesundheitsschutz.
Dominikanische Republik: Green Recovery mit guten Ideen
Wie nachhaltiger Tourismus in der Dominikanischen Republik aussehen kann, zeigt ein Ideenwettbewerb zur Förderung von Innovationen für eine umweltfreundliche Erholung des Tourismussektors. Ziel ist es, junge und innovative Unternehmen auf ihrem Weg aus der Krise zu unterstützen. Bewerben konnten sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor Ort mit besonderem Fokus auf die Integration von Technologien der Kreislauslaufwirtschaft und Biodiversität. Bei den eingereichten Ideen ging es beispielweise um die Verbesserung des Walhaimonitorings, die Entwicklung neuer E-Bike-Touren oder um nutzwertigere Angebote für inklusiven Tourismus.
Frauenkollektiv Eco Vivero La Sangría: Innovationsprojekt im Bereich Community Tourism
Das Projekt Eco Vivero La Sangría, eine Initiative eines Frauenkollektivs, ist für Tourist:innen sowie für die Gemeinde ein Vorbild für ökologisches Wirtschaften und den Schutz der Biodiversität. Mit dem Angebot landwirtschaftlicher Traditionen stärken die Frauen die Wertschöpfungskette vor Ort, erhalten lokales Wissen zur Selbstversorgung und machen sich weniger abhängig vom Tourismus. Gerade für sie ist ein zweites Standbein wichtig, weil sie oft ganze Familien mit ihren Einnahmen versorgen. Besucher:innen können Produkte wie Säfte, Smoothies und Kunsthandwerk kaufen und sich über die kommunale Herstellung von Kompost, über das Recycling von Plastik sowie die Zucht einheimischer Pflanzen informieren. Das Gewächshaus nutzt dafür Solarenergie.
„Wir werden die Möglichkeit haben, unser Handwerk mit den Schulungen zu verbessern und bessere (handwerkliche) Produkte mit mehr Qualität und mehr Attraktivität anzubieten“, sagt Yomeibi Martínez García, Präsidentin ECO VIVERO la Sangría.
Biodiversity Check Tourism: Verbessertes Biodiversitätsmanagement privater Unternehmen
Ein Instrument, das durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem Global Nature Fund entwickelt, und mit Unterstützung des Branchendialogs in der Dominikanischen Republik um Kriterien der Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz erweitert und verankert worden ist, ist der Biodiversity Check Tourism (BCT).
Dieser bildet einen idealen Start für ein Unternehmen, um die Themen Artenvielfalt, Klima- und Naturschutz in das Betriebs- und Umweltmanagement zu integrieren. Denn Energieeffizienz, geregelte Mülltrennung oder systematisches Recycling sind nicht selbstverständlich. In dem Schulungsprogramm lernen Hotelvertreter:innen, unter anderem, wie sie auf recycelte Rohstoffe umsteigen, und Ressourcen wie Energie und Wasser effizient nutzen. Genau 14 Multiplikator:innen aus Hotellerie, Unternehmensnetzwerken und gemeinnützigen Organisationen nahmen an der Weiterbildung teil. Fünf Hotels haben den Biodiversity Check Tourism bislang erfolgreich durchlaufen.
„Die Umsetzung des Checks in den Hotels unserer Hodelpa-Kette ermöglicht es uns, ein Vorbild für andere Unternehmen in der Dominikanischen Republik zu sein, die sich an diesen Programmen beteiligen wollen“, sagt Yeine A. Durán Cárdenas, Managerin für Nachhaltigkeit und Qualitätssicherung im Emotions der Hodelpa-Gruppe.
Agriculture: Anbauprozesse in Einklang mit der Natur
Biodiversity Check Neben dem Biodiversity Check Tourism hat die GIZ den Biodiversity Check Agriculture entwickelt. Dieser analysiert die Wechselbeziehungen zwischen Biodiversität und landwirtschaftlicher Produktion. Anwendung findet dieser Check beispielsweise in landwirtschaftlichen Zuliefererbetrieben von Hotels. Die Teilnehmenden lernen, wie sie ihre Anbauprozesse im Einklang mit Tieren und Pflanzen und unter Berücksichtigung der Bodenfauna umsetzen können.
Weitere Themen der Aktionspläne sind der schrittweise Verzicht auf den Einsatz von Pestiziden, der Umgang mit invasiven Arten sowie die Gestaltung von Gärten mit einheimischen Arten. „Wir stellen sicher, dass unsere Zulieferer:innen und deren Produkte Mindestnachhaltigkeitskriterien erfüllen. Das bietet uns die Möglichkeit, die besten Anbieter auszuwählen und mit ihnen ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu verbessern“, sagt Isabel Piñero, als Chief Sustainability Officer verantwortlich für die Nachhaltigkeitsstrategie bei der Grupo Piñero.
Lassen Sie uns das Potential des Tourismus für eine nachhaltige Entwicklung gemeinsam nutzen. Effizientere Kreislaufwirtschaft oder besseres Abfallmanagement? Wir beraten Sie und geben Ihnen mit Hilfe unserer Förderdatenbank Entwicklungsländer einen ersten Einblick in potenzielle staatliche Förderinstrumente für Ihr Projekt.
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