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Ukraine: IFC mobilisiert Mittel für Privatsektor

Jan van Bilsen, Landesdirektor der IFC in Frankfurt für Deutschland

Ein Ende der russischen Invasion in der Ukraine ist zwar noch nicht in Sicht, und doch werden bereits Pläne für den Wiederaufbau des Landes geschmiedet. Damit sich die Wirtschaft des Landes schnell erholt, erhält die Ukraine unter anderem finanzielle Unterstützung von der International Finance Cooperation (IFC)  – dem privatwirtschaftlichen Arm der Weltbank.

Der Wiederaufbau bietet die Gelegenheit, die Resilienz und Nachhaltigkeit der ukrainischen Wirtschaft auf ein neues zukunftsfähiges Fundament zu stellen. Mit ihren Finanzierungs- und Beratungsangeboten unterstützt die IFC ukrainische und internationale Unternehmen, die entsprechende Pläne verwirklichen möchten. Auch deutsche Unternehmen können sich dabei einbringen, sagt Jan van Bilsen. Er ist Landesdirektor der IFC in Frankfurt für Deutschland , die Schweiz, Dänemark, Finnland, Norwerden und Schweden.

Key Facts

  • Ukrainische Firmen benötigen Unterstützung, um weiterhin für Arbeitsplätze, Waren und Dienstleistungen sowie Steuer- und Exporteinnahmen zu sorgen. 
  • Im Zuge ihres Economic Resilience Action-Programms sichert die IFC ukrainische Unternehmen mit einem Zwei-Milliarden-Paket. 
  • Die IFC schätzt, dass der Privatsektor der Ukraine in den kommenden zehn Jahren etwa 140 Milliarden US-Dollar zum Wiederaufbau des Landes beitragen könnte. 

Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE): Herr van Bilsen, wie begleitet die IFC den Wiederaufbau der Ukraine?

Jan van Bilsen: Um die Privatwirtschaft in der Ukraine während der russischen Invasion zu unterstützen, hat die IFC im Jahr 2022 ein Economic Resilience Action -Programm in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar aufgelegt. Es umfasst Garantien, vergünstigte Darlehen und Zuschüsse, sowohl von Geber-Regierungen als auch aus eigenen Mitteln. Damit stellt das Programm einen operativen Rahmen für Investitionen und Beratungsaktivitäten zur Verfügung.

AWE: Was passiert mit dem Geld?

van Bilsen: Seit Februar 2022 haben wir 264 Millionen US-Dollar an private Unternehmen und Finanzinstitute ausgezahlt, darunter 179 Millionen US-Dollar im Rahmen unseres Global Trade Finance-Programms. Ergänzend dazu haben wir 60 Millionen US-Dollar zur Unterstützung des ukrainischen Technologiesektors zugesagt. Beides hat das IFC auf eigene Rechnung bereitgestellt.

Um unsere Kund:innen in der Ukraine zu unterstützen, haben wir außerdem unser Beratungsprogramm neu ausgerichtet. Unter anderem helfen wir dabei, alternative Handelswege für den Getreideexporte zu erschließen und nach alternativen Lieferant:innen und Kund:innen für Agrarunternehmen zu suchen. Darüber hinaus stehen wir unseren Kund:innen zur Seite, wenn sie bankfähige Projekte für private Investitionen in die Infrastruktur entwickeln oder Reformen realisieren wollen. Letztere sind besonders für private Investitionen von entscheidender Bedeutung. 

Darüber hinaus berät die IFC die ukrainische Regierung dabei, solche Wiederaufbauprojekte zu definieren und zu priorisieren, die mit privater Beteiligung umgesetzt werden können. Hierbei geht es darum, öffentlich-private Partnerschaften (PPP) aufzubauen sowie Reformen im Banken- und Unternehmenssektor umzusetzen.

International Finance Corporation (IFC)

Die International Finance Corporation (IFC) ist Teil der Weltbank⁠. Sie hat die Aufgabe, die Privatwirtschaft in Entwicklungs-⁠ und Schwellenländern⁠ zu fördern. Dazu bietet sie Kredite in Hart- und Lokalwährung, Eigenkapitalbeteiligungen, Garantien und eine Reihe von Finanzierungsprodukten zu kommerziellen Bedingungen an. Zudem berät die IFC Regierungen und Firmen zu Fragen der Wirtschafts- und Unternehmensentwicklung.

AWE: Welche Möglichkeiten gibt es für deutsche oder europäische Unternehmen, sich an den Aktivitäten der IFC zu beteiligen?

van Bilsen: Die IFC geht davon aus, dass der ukrainische Privatsektor in den kommenden zehn Jahren etwa 140 Milliarden US-Dollar zum Wiederaufbau des Landes beitragen könnte. Das ist ein Drittel des Wiederaufbau- und Wiederherstellungsbedarfs, der im März 2023 von der „Schnellen Schadens- und Bedarfseinschätzung“ [Rapid Damage and Needs Assessment – RDNA , eine von der Weltbank in Abstimmung mit der EU und der ukrainischen Regierung durchgeführte Bestandsaufnahme, Anm. der Redaktion] geschätzt wurde. Ukrainische Unternehmen benötigen jetzt Unterstützung, damit sie weiterhin Arbeitsplätze sichern, Waren und Dienstleistungen produzieren sowie Steuer- und Exporteinnahmen abführen können.

Dafür werden IFC-Finanzierungen direkt an Kunden oder an Finanzintermediäre zur Weiterleitung an Kleinstunternehmen, KMU, und Agrarunternehmen bereitgestellt. Daneben gibt die IFC Handelsfinanzierungsgarantien. Von zentraler Bedeutung sind aber auch die Partnerschaften und Geschäftsbeziehungen mit europäischen Unternehmen.

Unternehmen, die in der Ukraine investieren wollen, können daher eine Finanzierung direkt bei der IFC oder über Banken in der Ukraine beantragen, die IFC-Unterstützung erhalten. Über die Finanzierung hinaus bieten unsere Beratungsprogramme Unternehmen die Möglichkeit, ihre Geschäftstätigkeit weiterzuentwickeln und sich auf den Wiederaufbau vorzubereiten. Deutsche Unternehmen können sich an das IFC-Büro in Frankfurt wenden oder sich über unsere Website bewerben.

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AWE: Ein Blick in die Zukunft: Worauf können sich Unternehmen in den kommenden Monaten und Jahren einstellen?

van Bilsen: Für Investitionen des Privatsektors entstehen beim Wiederaufbau einer stärkeren und grüneren Ukraine enorme Möglichkeiten. Es können in den kommenden Jahren insgesamt weitere 295 Milliarden US-Dollar durch das Prinzip „Building Back Stronger and Greener“ investiert werden.

Einige Trends der IFC

Energiesektor: Der Wiederaufbau kann eine Energiewende begünstigen sowie für mehr Energieeffizienz und Energiesicherheit sorgen. Die Mobilisierung privater Finanzmittel für einen Übergang zu einer klimaneutraleren Energieversorgung kann einen privaten Investitionsrahmen in Höhe von 224 Milliarden US-Dollar schaffen. Die Stärkung der Energiemärkte – durch eine Tarifreform, wettbewerbsorientierte Versteigerungen und die Schaffung eines Großhandelsmarktes – könnte Unternehmen außerdem dazu ermutigen, in grünes Bauen zu investieren.

Wohnungs- und Bausektor: Mehr als elf Millionen Menschen benötigen Notunterkünfte. Gleichzeitig ist der öffentliche Sektor an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Der RDNA aus März 2023 schätzt den Investitionsbedarf für Gebäude und Wohnungen auf etwa 70 Milliarden US-Dollar. 

Verkehrssektor: Der Wiederaufbau und die Modernisierung von Verkehr und Logistik könnten private Investitionsmöglichkeiten in Höhe von rund 47 Milliarden US-Dollar schaffen. Öffentlich-private Partnerschaften (PPP) könnten den Bau oder Umbau von Straßen und Häfen, die Förderung der Elektromobilität oder die Modernisierung von Fahrzeug- und Schiffsflotten unterstützen.

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Carolin Welzel

Agentur für Wirtschaft und Entwicklung

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