"Erfolgsaussichten bei internationalen Ausschreibungen vielversprechend"
Alljährlich schreiben internationale Entwicklungsbanken Projekte für mehr als 200 Mrd. USD aus. Die risiko- und kostenoptimierte Möglichkeit in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv zu werden, nehmen europäische Akteure zurückhaltend wahr. Um dies zu ändern startet die AWE gemeinsam mit DFI das neue Programm „Bridging the Gap“. David Rosenblum sprach mit uns über die Welt der Entwicklungsbanken.
AWE: "Bridging the Gap" ist kürzlich angelaufen: Was ist der Ansatz hinter diesem einzigartigen Projekt?
Rosenblum: Internationale Finanzinstitutionen (IFIs), wie die Weltbank oder die Asiatische Entwicklungsbank, stellen jedes Jahr weltweit über 200 Mrd. Dollar an Fördergeldern für Entwicklungsprojekte zur Verfügung. Doch obwohl Deutschland über äußerst wettbewerbsfähige Unternehmen mit innovativen Lösungen verfügt, beteiligen sich diese häufig nicht an den Ausschreibungen. Mit „Bridging the Gap“ sollen deutsche Unternehmen direkt in den Dialog mit den IFIs treten, um ihre Chancen für einen Markteintritt zu verbessern und zur Lösung drängender Entwicklungsfragen beizutragen.
AWE: Was ist das konkrete Angebot an Unternehmen, die sich für "Bridging the Gap" bewerben?
Rosenblum: Wir möchten den Unternehmen einen direkten Zugang zu den IFIs bieten und sie optimal vorbereiten. Zunächst werden daher Schulungen zu den Strategien für Beschaffung der IFIs angeboten, verbunden mit einem Coaching wie bei Abgabe eines Angebots vorzugehen ist. Wir wählen dazu konkrete Projekte aus, die auf Technologien abzielen in denen deutsche Unternehmen sehr wettbewerbsfähigsten sind. Teilnehmende Unternehmen bekommen eine Einführung zu den wichtigsten IFI- und Regierungsakteuren, die für die Gestaltung und Umsetzung dieser Projekte verantwortlich sind, sowie erste Empfehlungen zu potenziellen lokalen Partnern mit denen deutsche Unternehmen kooperieren können. All dies mündet in eine Reihe von persönlichen (oder virtuellen, je nach Gesundheitslage) Gesprächen mit wichtigen IFI- und Regierungsmitarbeitern im Land. Die Gespräche ermöglichen den Unternehmen die notwendigen Beziehungen aufzubauen, um bei der Bewerbung um diese Projekte erfolgreich zu sein und zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen.
AWE: Wie schätzen Sie die Chancen und Erfolgsaussichten für Unternehmen bei IFI-Ausschreibungen ein? Was hat sich in den letzten Jahren verändert?
Rosenblum: In den Beschaffungsrichtlinien der IFIs hat sich kürzlich ein wichtiger Wandel vollzogen. Sie haben sich weg entwickelt von einer weitgehend kostenbasierenden Beschaffung, hin zu einer, die sich auf das Preis-Leistungs-Verhältnis konzentriert. Dies ist eine positive Veränderung besonders für europäische und deutsche Unternehmen, die qualitativ hochwertigere Lösungen und Serviceleistungen anbieten.
Nach unseren Erfahrungen sind Chancen und Erfolgsaussichten bei internationalen Ausschreibungen für viele Unternehmen vielversprechend. Durch die globale Reichweite von DFI haben wir mit Unternehmen aus der ganzen Welt zusammengearbeitet. Unternehmen mit einem engagierten, nachhaltigen IFI-Programm können im Laufe der Zeit einen beträchtlichen Geschäftserfolg verzeichnen - wir haben eine 30- bis 100-fache Kreditrendite gesehen. Dieser Erfolg erfordert jedoch Geduld, Fokus und Ressourcen.
AWE: Welche Rolle könnten europäische Unternehmen in diesem Geschäftsfeld spielen und wie hilft "Bridging the Gap" ihnen, diese Rolle zu erfüllen?
Rosenblum: Unternehmen aus Europa und insbesondere Deutschland, sind in vielen zentralen Bereichen, die über IFIs ausgeschrieben werden, weltweit führend. "Bridging the Gap" konzentriert sich daher auf vier wichtige Technologien der IFIs: Erneuerbare Energien, klimafreundliche Landwirtschaft, Wasser/Abwasser und Bildung. Es gibt zwei Ebenen auf denen IFIs den privaten Sektor einbinden: 1. um für den Erfolg ihrer Projekte notwendige Güter und Dienstleistungen über Ausschreibungen zu liefern und 2. um gemeinsam mit den zuständigen lokalen Regierungsvertretern internationale Best Practice-Lösungen kennen zu lernen. Unser Programm “Bridging the Gap” ermöglicht Unternehmen beides zu tun. Ein drittes Thema ist die Finanzierung von Projekten von Unternehmen durch die IFIs, auch dem werden wir uns widmen.
AWE: Welche Schlüsselfaktoren erkennen sie bei erfolgreichen Unternehmen, die Ausschreibungen gewinnen?
Rosenblum: Erfolgreiche Angebote von Unternehmen haben eine Reihe von Merkmalen gemeinsam: Unternehmen müssen ihre Hausaufgaben machen. Sie müssen die für sie wichtigsten IFI-Projekte verstehen, priorisieren und anvisieren; sie müssen die einzelnen Komponenten dieser für sie relevanten Projekte kennen lernen und Beziehungen zu den beteiligten Schlüsselakteuren aufbauen. Dies erfordert Engagement und Ressourcen über einen längeren Zeitraum. Um sich als innovativer, effektiver und langfristiger Partner für die IFIs und die ausschreibenden lokalen Stellen zu präsentieren, ist gezielte Kommunikation nötig. Kein Programm wird erfolgreich sein, wenn es nur von Berlin, München oder Düsseldorf aus, gesteuert wird. Lokale Partner sind sowohl für die Vertragsanbahnung als auch für die Umsetzung entscheidend.
AWE: Wir werden Ihnen nun ein paar grundlegende Stereotypen über IFIs nennen, wie reagieren Sie darauf?
Der Prozess für eine Ausschreibung ist kompliziert und nimmt zu viel Zeit in Anspruch
Rosenblum: IFI-Prozesse sind harmonisiert und bekannt, außerdem ist der Zeitrahmen nicht länger als bei vielen anderen Projekten im öffentlichen Sektor.
Projekte, die durch die Weltbank oder andere IFIs finanziert werden, sind nur für größere Unternehmen
Rosenblum: Kleine und große Unternehmen bieten oft auf unterschiedliche Projekte und haben verschiedene Lösungen; viele kleinere Beratungsfirmen oder spezialisierte Unternehmen haben großen Erfolg.
Deutsche Firmen sind zu teuer, meist erhalten lokale Firmen den Zuschlag
Rosenblum: Die Umstellung auf Preis-Leistungs-Beschaffung bedeutet, dass Qualität und Effektivität wichtiger sind als der Preis allein.
Der Vertrag für ein Projekt wird in der Regel mit einer lokalen Behörde abgeschlossen, und diese sind unzuverlässig, die Bezahlung ist langsam
Rosenblum: Während lokale Regierungen das Beschaffungswesen betreiben, müssen sie bei der Verwendung von IFI-Mitteln nach den Regeln des IFI spielen. Das mindert das gesamte Zahlungsrisiko erheblich .
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