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Lieferketten nach Corona: Das große Umdenken?

In der Pandemie zeigt sich: Unternehmen, die frühzeitig in den Arbeits- und Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeiter:innen entlang der gesamten Lieferkette investieren, können sich in globalen Krisensituationen besser behaupten. Führen die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie jetzt zu einem grundsätzlichen Umdenken staatlicher und privatwirtschaftlicher Akteur:innen?

Genauso wie der Virus selbst, überschreiten auch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie mühelos Grenzen und Kontinente. Die Krise ist ein globales Phänomen – mit Konsequenzen für Menschen und Unternehmen in allen Ländern. Das spüren unzählige Branchen, ganz besonders die Automobilindustrie. Sie war in hohem Maße von der Lockdown-Phase der Corona-Krise betroffen. So brach die Produktion in Deutschland zwischenzeitlich um fast 75 Prozent ein.

Neben dem Ausfall der Nachfrage spielten für die umfassenden Werksschließungen auch Störungen in der Lieferkette eine wichtige Rolle. So kam es besonders während der ersten Corona-Welle zu Lieferproblemen von Zulieferern. Massive Einschränkungen in der Produktion waren die Folge. Vielen in der Branche ist klar geworden: Lieferketten müssen widerstandsfähiger werden. Das setzt ein Umdenken voraus.

Nicht nur für Unternehmen haben kollabierende Lieferketten schwerwiegende Folgen. Das zeigt sich am Beispiel der Textilindustrie: Schließen die Ladengeschäfte in Europa, wird in klassischen Herstellerländern der Lieferkette die Produktion heruntergefahren. Im Zuge der weltweiten coronabedingten Einschränkungen mussten allein in Bangladesch deshalb zwei von vier Millionen Textilbeschäftigte entlassen werden.

Corona verschärft Situation in der Lebensmittelindustrie

Anders sieht es in der Lebensmittelindustrie aus. Während andere Branchen ihre Produktion vorübergehend einstellen mussten, erlebte die Ernährungsindustrie eine erhöhte Nachfrage, die aus Mangel an Arbeitskräften wie Saison- und Wanderarbeitenden nicht immer bedient werden konnte. Leere Regale avancierten so zum Symbol der Corona-Pandemie.

Zugleich zeigte ein Bericht der Entwicklungsorganisation Oxfam kürzlich, dass sich die Arbeits- und Lohnbedingungen in den Lieferketten der Lebensmittelproduktion im Zuge der Pandemie verschlechtert haben. Um künftigen Krisen wirksamer begegnen zu können, ist es daher wichtig, Schwachstellen zu ermitteln und herauszufinden: In welchen Bereichen entlang der Lieferkette können Unternehmen etwa in Arbeitsschutz- und Hygienemaßnahmen investieren, um weniger anfällig gengenüber Krisen zu werden?

Pandemie als Chance?

Die Pandemie gleicht einem Brennglas, das bestehende Probleme entlang der Lieferketten noch klarer hervortreten lässt. Dabei zeigt sich, dass nachhaltige Geschäftspraktiken basierend auf robusten Umwelt- und Sozialstandards die Handlungsfähigkeit aller Beteiligten fördern.

Dort, wo frühzeitig investiert und nachgebessert wurde, sind die Ausfälle in Krisenzeiten geringer. Produktionsstätten können schnell sicher gemacht werden, die Produktion muss seltener vollständig unterbrochen werden. Sorgfaltsprozesse im Umgang mit Mitarbeitenden, Lieferant:innen und Kund:innen führen zu resilienteren Lieferketten und zahlen sich sowohl kurzfristig als auch langfristig aus – insbesondere, wenn Aufträge nach der Krise wieder hochgefahren werden. Diese Erkenntnisse aus der aktuellen Situation können hilfreich für das Handeln von Unternehmen nach der Pandemie sein. So werden jetzt Voraussetzungen geschaffen, die Unternehmen robuster für Krisen in der Zukunft machen.

Gesetzgebung soll Prozess unterstützen

Auch das im Juli 2021 verabschiedete deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist Teil dieser globalen Entwicklung. Während die menschenrechtliche Sorgfalt in der Vergangenheit auf freiwilliger Umsetzung basierte, sind viele Prozesse für Unternehmen nun verbindlich geregelt. Das Gesetz sieht die Einrichtung eines Sorgfaltsmanagementsystems vor, mit dem Ziel, „die Verletzung menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten zu beenden“.

Ab 2023 sind zunächst Unternehmen ab einer Mitarbeiterzahl von 3.000 Beschäftigten vom Gesetz betroffen. Hierbei werden auch Zeitarbeiter:innen berücksichtigt. Ab 2024 fallen dann Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten ebenfalls unter das Gesetz. Da es große Unternehmen dazu verpflichtet, menschenrechts- und umweltbezogene Erwartungen bei der Auswahl ihrer Zulieferer zu berücksichtigen, sind kleine Zulieferer mittelbar ebenfalls vom Gesetz betroffen.

Wichtig ist: Unternehmen kennen die Herausforderungen der eigenen Lieferketten. Sie können sich gezielt und frühzeitig mit ihnen auseinandersetzen, handeln und so widerstandsfähiger gegenüber Krisen werden – etwa durch die Vermeidung von Werksschließungen. 

Grundsätzlich findet ein Paradigmenwechsel in der Weltwirtschaft statt, der das Bewusstsein für Nachhaltigkeit als gemeinsamer Beitrag in ökologischer, sozialer und ökonomischer Hinsicht entlang der gesamten Lieferkette schärft. Davon profitieren Verbraucher:innen, Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen.

Sie haben Fragen? Der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung unterstützt deutsche Unternehmen bei der konkreten Umsetzung von Menschenrechts-, Umwelt- und Sozialstandards in den Lieferketten, zum Beispiel bei der Entwicklung von Strategien und Präventions- und Abhilfemaßnahmen, bei der Risikoanalyse oder der Etablierung von Beschwerdeverfahren. Bei all diesen Schritten begleitet Sie der Helpdesk gerne und berät Sie individuell und vertraulich.

Kontakt

Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte
Am Weidendamm 1A
D-10117 Berlin
+49(0)30 590 099-430
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