AWE: Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) ist mit gut 3.200 Mitgliedern die größte Netzwerkorganisation des Maschinenbaus in Deutschland und Europa. Jetzt starten Sie die Initiative „Fachkräfte für Afrika“. Welche Potentiale sehen Sie für Ihren Verband?
Welcker: Mit unserer Initiative, die mein Vorgänger Dr. Reinhold Festge gestartet hat, leisten wir einen konkreten Beitrag zur Qualifizierung von Fachkräften vor Ort. Der Mangel an gut ausgebildetem Personal ist immer noch einer der Hauptgründe dafür, dass das tatsächliche Engagement deutscher Unternehmen in Afrika – einem Kontinent mit gleichbleibend starkem Wirtschaftswachstum und wachsender Mittelschicht – nicht den Marktpotentialen folgt. Obwohl deutsche Technologie einen ausgezeichneten Ruf genießt, ist die Afrika-Exportquote des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus mit fünf Prozent sehr niedrig. Daher möchten wir mit unserer Initiative Berührungsängste abbauen und die VDMA-Mitglieder beim Schritt in den afrikanischen Markt mit einer lokalen Präsenz unterstützen. Zudem engagieren wir uns auch in der Überzeugung, dass wir die Flüchtlingsströme aus Afrika nach Europa nur eindämmen werden, wenn wir den Menschen vor Ort eine Perspektive bieten.
AWE: Was passiert bei der VDMA-Fachkräfteinitiative vor Ort genau?
Welcker: Wir bauen berufliche Trainingszentren in Kenia, Nigeria und Botswana auf. Diese Länder haben wir aufgrund strategischer Überlegungen, sowohl bezüglich der Wirtschaftskraft der Länder als auch mit Blick auf die geografische Lage und das Engagement deutscher Unternehmen, ausgewählt. Dabei setzen wir stark auf die duale Berufsausbildung und die Kooperation mit lokalen Partnern. Da in den Bereichen Infrastruktur, Energie und Rohstoffe sowie in der Nahrungsmittel- und Verpackungsindustrie besonders viele Fachkräfte fehlen, konzentrieren sich unsere Qualifizierungsprogramme auf diese Branchen. Die Trainingszentren sollen darüber hinaus auch als zentrale Treffpunkte für deutsche und afrikanische Unternehmen dienen und auf diese Weise die Beziehungen langfristig institutionalisieren.
AWE: Warum ist das Thema Qualifizierung so wichtig für die Anbahnung und Realisierung privatwirtschaftlicher Investitionen in afrikanischen Ländern?
Welcker: Qualifiziertes Personal ist grundsätzlich eine elementare Voraussetzung für wirtschaftliche Entwicklung und Wachstum. Für uns ist dies damit eine Grundvoraussetzung für ein wirtschaftliches Engagement im Ausland. Mit gut ausgebildeten lokalen Fachkräften können deutsche Unternehmen die vielfältigen Marktchancen in Afrika nutzen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Gleichzeitig können afrikanische Unternehmen mithilfe deutscher Technologie effizienter und nachhaltiger wirtschaften – dies stärkt die lokale Industrie und erhöht auch deren Wettbewerbsfähigkeit. Die Trainingszentren, die im Rahmen unserer Initiative entstehen, haben das Potenzial, sich zu einem „Role Model“ zu entwickeln, das langfristig und nachhaltig zu einer besseren Aus- und Weiterbildung beiträgt. Damit leistet unsere Initiative auch einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung aktueller gesellschaftspolitischer Herausforderungen.
AWE: Wie kann sich ein interessiertes deutsches Maschinenbauunternehmen an Ihrer Initiative beteiligen?
Welcker: Eine unmittelbare Möglichkeit zum Mitmachen besteht in der Inanspruchnahme der Ausbildung, die von unseren lokalen Partnern angeboten werden. Es handelt sich dabei um die Aus- und Weiterbildungsangebote für die Berufsfelder Mechanik, Elektronik und Mechatronik. Zudem bieten unsere lokalen Trainingszentren die Möglichkeit, vielfältige Kontakte zu afrikanischen Stakeholdern zu knüpfen. Darüber hinaus können uns Unternehmen aktiv beim Ausbau und Betrieb der Trainingszentren unterstützen. Beispiele für diesen Support sind das Bereitstellen von Equipment, Train-the-Trainer-Angebote vor Ort oder in Deutschland sowie Study und Factory Tours für Auszubildende und Trainer.
AWE: Was sind die nächsten und vielleicht auch übernächsten Schritte bei Ihrer Initiative "Fachkräfte für Afrika" bzw. in der Region?
Welcker: Zunächst möchten wir die Ausbildung erfolgreich durchführen und unser Netzwerk ausweiten. Bis Ende dieses Jahres werden wir in allen drei Ländern sowohl Kurse für bereits Beschäftigte als auch Berufsausbildungen für Schulabgänger gestartet haben. Darüber versprechen wir uns viele Kontakte zwischen Unternehmen der afrikanischen Länder und unseren mittelständischen Unternehmen. Danach schauen wir, wie wir unsere Unternehmen weiter darin unterstützen können, auf dem afrikanischen Kontinent Fuß zu fassen.
Mit Unterstützung von BMZ, GIZ GmbH, DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH und sequa gGmbH.