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Kommunikation über Kontinente hinweg: Erfolgreich verhandeln in Ghana

Bridging the Gap Fotokachel Icon Brücke Folge 5

Wer im internationalen Umfeld erfolgreich verhandeln will, muss kulturelle Gepflogenheiten kennen, landesspezifische Bedingungen berücksichtigen und manchmal auch zwischen den Zeilen lesen. Stefanie Simon, zuständig bei der Delegation der Deutschen Wirtschaft in Ghana für Projekte im Bereich Privatsektorentwicklung an der Schnittstelle zur Entwicklungszusammenarbeit, verrät im Interview, was deutsche Unternehmen in dem westafrikanischen Land erwartet.

AWE: Unser Programm „Bridging the Gap“, an dem Sie als Expertin teilgenommen haben, bringt Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen zusammen. Gibt es grundsätzliche Unterschiede zwischen der ghanaischen und der deutschen Kommunikationskultur?

Stefanie Simon: Wir Deutschen kommunizieren ja meist ziemlich direkt und kommen häufig gleich zur Sache. In Ghana gehört es hingegen zum guten Ton, sich zunächst zu erkundigen, wie es dem Gesprächspartner und seiner Familie geht – auch im beruflichen Umfeld. Nachdem ich bereits seit acht Jahren in Ghana arbeite, überrascht es mich inzwischen manchmal selbst, wie deutsche Unternehmer:innen direkt ins Thema springen. Man muss wissen, dass der Familienverbund sehr wichtig ist und sich in der Gesprächskultur niederschlägt. Außerdem wird viel Wert auf die äußerliche Erscheinung gelegt. Im Geschäftsumfeld ist es zum Beispiel wichtig, gut angezogen zu sein. Zur Kommunikation ist generell zu sagen, dass sie deutlich indirekter stattfindet, als wir es gewohnt sind. Viele Themen schwingen zwischen den Zeilen mit. Da ist es hilfreich, bei Verhandlungen jemanden dabeizuhaben, der die Kultur gut kennt und diese Nuancen aufgreifen kann.

AWE: Was sind Ihrer Erfahrung nach Fettnäpfchen für deutsche Unternehmer:innen, die in Ghana Geschäfte machen wollen?

Simon: Direkte Konfrontation ist teilweise ein Problem. Daher ist es wichtig, auch bei schwierigen Themen auf Harmonie zu achten. Vertrauen aufbauen, persönliche Beziehungen herstellen: Das ist die Voraussetzung für erfolgreiche Geschäfte in Ghana. Das Gute ist, dass die Ghanaer:innen uns Europäer:innen vieles verzeihen. Den einen Fauxpas, der alles ruiniert, habe ich noch nicht erlebt. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass mein Gegenüber meistens einfach das Thema wechselt, wenn ich einen Fehler mache. Das passiert zum Beispiel, wenn man jemanden unter Druck setzt, etwa mit zeitlichen Fristen oder finanziellen Vorgaben. Es ist auch ratsam, die eigene Erwartungshaltung etwas zurückzuschrauben. Die Verbindlichkeit und Pünktlichkeit, die wir selbst auch von anderen erwarten, sind in Ghana nicht immer gegeben und möglich.

Porträt von Stefanie Simon
Stefanie Simon, Delegation der Deutschen Wirtschaft in Ghana (Delegation Ghana)

AWE: Gibt es weitere kulturelle Besonderheiten, die man kennen sollte? 

Simon: Religion ist ein großes Thema. Ghana gilt als eines der religiösesten Länder der Welt und Kirchgemeinden bilden hier einflussreiche Netzwerke. Gerade im ländlichen Raum kann es passieren, dass Unternehmer:innen aus Deutschland erst einmal gefragt werden, welcher Religion sie angehören. Das ist ein gängiges und vollkommen akzeptables Smalltalk-Thema. Auch wird zu Beginn mancher Geschäftstreffen gemeinsam gebetet. Religiöse Grundsatzdiskussionen sollten aber auf jeden Fall vermieden werden.

AWE: Wie würden sie das Geschäftsumfeld beschreiben, das ein ausländisches Unternehmen in Ghana erwartet?

Simon: Grundsätzlich hat sich das Geschäftsklima in Ghana in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Ghana zu den „G20 Compact with Africa“ Ländern gehört. Dennoch spielt sich einiges im Graubereich ab und es gibt nicht immer für alles klare Regeln. Meiner Erfahrung nach können deutsche Unternehmer:innen beispielsweise weniger gut damit umgehen, dass es einen gewissen Interpretationsspielraum gibt oder manche Personen diesen Graubereich für sich nutzen. Auch fehlende Transparenz ist ein Thema in Ghana, welches sich allerdings stetig verbessert. Teilweise noch problematisch für Unternehmen ist die Zollabwicklung. Wir erhoffen uns aber Verbesserungen durch die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung in diesem Bereich. Eine weitere Hürde ist der bürokratische Aufwand für eine Unternehmensregistrierung. Insgesamt wird es ausländischen Unternehmen nicht leicht gemacht, in Ghana aktiv zu werden. Aber zum Glück gibt es eine Reihe von Institutionen – inklusive der Delegation der Deutschen Wirtschaft– bei denen Investor:innen Unterstützung bekommen können. 

AWE: Was empfehlen Sie denn zur Vorbereitung, wenn sich ein deutsches Unternehmen erstmals in Ghana engagieren möchte? 

Simon: Ich würde dazu raten, eine Marktstudie durchzuführen und Informationen über den Markt zu sammeln. Sprechen Sie Institutionen vor Ort an, knüpfen Sie Kontakte, suchen Sie sich gegebenenfalls ein Partnerunternehmen. Tun Sie das unbedingt persönlich vor Ort! Kommen Sie auch zur Delegation der Deutschen Wirtschaft – wir haben das Mandat, deutsche Unternehmen bei ihrem Markteintritt zu unterstützen. Und wo wir selbst nicht helfen können, kennen wir die richtigen Ansprechpartner:innen.

AWE: Kann aus Ihrer Sicht auch ein Programm wie „Bridging the Gap“ eine sinnvolle Vorbereitung sein?

Simon: Zweifelsohne, das Programm ist eine sinnvolle Vorbereitung und auch schon ein erster Schritt, um Geschäftsmöglichkeiten zu erkunden. Ein Programm wie „Bridging the Gap“ schafft einen geeigneten Rahmen für interkulturelle Kommunikation und darüber hinaus. Durch das Zusammenbringen von deutschen Unternehmer:innen mit unterschiedlichen Personen vor Ort werden erste entscheidende Kontakte geknüpft. Wirklich wichtig ist, geknüpfte Kontakte auch zu pflegen und immer mal wieder auf das eigene Unternehmen aufmerksam zu machen. Deutsche Unternehmen tendieren dazu, das zu unterschätzen.

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