Tourismus hat sich zu einem der bedeutendsten Wirtschaftszweige weltweit entwickelt, besonders Entwicklungs- und Schwellenländer schöpfen zunehmend ihr touristisches Potenzial aus. Neben einkommensgenerierenden Effekten vor Ort birgt der Tourismus aber auch Risiken: So belastet er zunehmend das globale Ökosystem und unterliegt saisonalen Schwankungen, die zu unsicheren Arbeitsverhältnissen führen. Diese Themen greift der diesjährige Welttourismustag auf.
Am 27. September begeht die Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO) zum 39. Mal den Welttourismustag. Unter dem Motto „Tourism and Jobs – A Better Future for All“ (Tourismus und Arbeitsplätze – eine bessere Zukunft für alle) ist dieses Jahr die Rolle von Tourismus als nachhaltiger und inklusiver Jobmotor das zentrale Thema. Auch die Agentur für Wirtschaft & Entwicklung (AWE) organisiert anlässlich des Welttourismustages eine Paneldiskussion mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Im Zentrum der Veranstaltung stehen die Potenziale der Tourismuswirtschaft im Bereich nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Afrika – und Investitionschancen für den Privatsektor.
Nachhaltiger Tourismus? - Ja, aber richtig.
"Mit einem stabilen Wachstum von rund sechs Prozent und einem Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung von mehr als zehn Prozent spielt die Tourismusbranche weltweit inzwischen eine wichtigere Rolle als die Automobilindustrie", erklärt die Senior-Beraterin im Bereich Tourismus der AWE Karla Beteta. Reisen sei längst kein Luxusgut mehr und die verbesserte internationale Mobilität führe zunehmend dazu, dass Reisende längere Strecken auf sich nähmen, um warme Temperaturen zu genießen, in fremde Kulturen einzutauchen und unbekannte Landschaften zu erkunden. "Das kommt nicht zuletzt Entwicklungs- und Schwellenländern zugute: Für rund ein Drittel ist mittlerweile der Tourismus die Hauptdevisenquelle", sagt Beteta.
So entstehen vor Ort Arbeitsplätze, Einkommen wird generiert und wirtschaftliches Wachstum stimuliert. Diese Potenziale haben auch die internationale und deutsche Entwicklungszusammenarbeit frühzeitig erkannt: Nicht nur die UNWTO setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1974 für verantwortungsvollen und nachhaltigen Tourismus ein, auch die Agenda 2030 unterstreicht, was Tourismus zu nachhaltiger Entwicklung beitragen kann.
Tourismus für nachhaltige Wirkung gestalten
Denn die kommt nicht von selbst: Tourismus ist ein volatiler Wirtschaftszweig, dessen Erfolg oder Misserfolg nicht zuletzt von Faktoren abhängt, die eine Destination selbst nur wenig beeinflussen kann. Saisonal bedingte Schwankungen bei Besucherzahlen, sicherheitspolitische Krisen oder extreme Wetterverhältnisse können in der Branche zu unsicheren Beschäftigungsverhältnissen führen und bedrohen das gesamtwirtschaftliche System der Länder, die stark vom Tourismus abhängen.
Daher ist es umso wichtiger, den lokalen Tourismussektor durch langfristige Investitionen zu stabilisieren und Multiplikatorwirkungen mit verwandten Sektoren zu realisiert. Wie kann Tourismus gestaltet werden, um vor Ort nachhaltige Wirkungen zu erzielen? Entstehen Jobs ausschließlich in Niedriglohnsegmenten des Dienstleistungssektors, werden breite Teile der lokalen Bevölkerung weiterhin nicht an der Wertschöpfung der Tourismusindustrie beteiligt. Stattdessen müssen Arbeitsplätze verstärkt im Management, im Transportwesen, im lokalen Kunsthandwerk und im Schutz von Naturräumen geschaffen werden, um inklusive, gerechte und nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Ohne die Privatwirtschaft geht es nicht
Und hier kommt die Privatwirtschaft ins Spiel. Laut aktuellen Zahlen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) reisen mehr als 11 Millionen Menschen jährlich aus Deutschland in ein Entwicklungs- oder Schwellenland, wo sie 19 Milliarden Euro zum dortigen BIP beitragen und etwa 1,8 Millionen Arbeitsplätze sichern. Grund genug für deutsche Tourismusunternehmen, über ein Engagement in diesen Ländern nachzudenken.
Dabei können die Unternehmen auf einen breitgefächerten Maßnahmenkatalog aus diversen Finanzierungs- und Fördermitteln der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zurückgreifen, angefangen bei bilateralen Kooperationsmöglichkeiten, über den Branchendialog „Tourismus für nachhaltige Entwicklung“, Unterstützung in Form von develoPPP-Projekten bis hin zu Mitteln aus dem neu angelaufenen Entwicklungs- und Investitionsfonds (EIF) mit dem Fokus Afrika. Ein niedrigschwelliges Beratungsangebot bietet hier die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE), Ansprechpartnerin ist die Senior-Beraterin im Bereich Tourismus Karla Beteta
Beispiel für Mehrwert stiftendes Reisen
Ein gutes Beispiel für ein Geschäftsmodell, das wirtschaftlich erfolgreich ist und gleichzeitig auf nachhaltigen Tourismus setzt, ist der Reiseveranstalter Chamäleon Reisen. Seit mehr als 20 Jahren steht das Unternehmen aus Berlin für ökologisch verträgliches und Mehrwert stiftendes Reisen. Auf der Veranstaltung der AWE zum Welttourismustag am 27. September wird der Geschäftsführer und Inhaber Ingo Lies Einblicke geben und aufzeigen, wie man ein erfolgreiches Reiseprodukt entwickeln kann, das auch die lokale Bevölkerung einbeziehen.