UMOJA CREATIVE SUMMIT Hannover 2020: Gamification & Serious Games
Spiele machen nicht nur Spaß, sie eignen sich auch herrvoragend, um ernste Inhalte zu vermitteln. Prof. Jochen Dickel, Forschungsdirektor Medien, Fachhochschule des Mittelstands FHM, Bielefeld, über Gamification, die Bedeutung des Serious-Games-Sektors für die Kultur- und Kreativwirtschaft in Afrika und den Umoja Creative Summit in Hannover.
Die Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten durch Spiele ist seit jeher ein pädagogisches Mittel, um die Motivation von Lernenden zu erhöhen und Lernprozesse durch die spielerische Anwendung und Vertiefung von Kenntnissen zu fördern. Nach dem Einzug von Computerspielen in den Unterhaltungssektor wurden ab Ende der 1990er Jahre vermehrt konsolen- und computerbasierte Spiele für Lehr- und Lernanwendung eingesetzt. Waren es zunächst überwiegend einfache Offline-Spiele, so haben sich bis heute unter Begriffen wie „Serious Gaming“ und „(Digital) Game Based Learning“ , kurz (D)GBL, zum Teil hochperformante, meist internetbasierte aber auch Virtual und Augmented Reality gestützte Spielumgebungen entwickelt, die sich in unterschiedlichen Lern- und Lehrkontexten weiter ausdifferenzieren.
Spielen mit „ernsten“ Absichten
Game Based Learning findet sich heute sowohl im privaten Konsumentenmarkt wie auch im professionellen Bildungssektor und wird dort in der allgemein- und berufsbildenden Bildung, in der akademischen wie in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder in der kulturellen und politischen Entwicklungsarbeit eingesetzt.
Game Based Learning oder Serious Games verfolgen also pädagogische, „ernste“ Absichten, indem sie dem Wissenserwerb und damit Bildungszwecken dienen. Viele Lernspiele werden primär für den pädagogischen Gebrauch gestaltet und bedienen sich dazu typischer Merkmale und Mechaniken von Spielen. Aber auch Freizeitspiele werden zum Teil intensiv innerhalb von Lernkontexten eingesetzt.
Vereinbarung der jeweiligen Stärken
Der Begriff „Gamification“ steht für einen ähnlichen Ansatz mit dem gleichen Ziel: Anstatt ein komplettes Game aufwändig zu produzieren werden Lernszenarien auch gezielt um spielerische Elemente ergänzt, um Lernende zu motivieren.
Eine zentrale Herausforderung von Game Based Learning und Gamification liegt nun in der Vereinbarung der jeweiligen Stärken von Lernen und Spielen: Lernen im Bildungskontext zielt primär auf die Generierung von expliziten Kompetenzen ab, die meist in Lehrplänen festgelegt sind. Spielen hingegen ist zweckfrei, soll unterhalten und lässt die Spielenden in ein Erlebnis eintauchen, ohne dass sie darüber bewusst reflektieren. Daher sind die Spielenden meist sehr engagiert und emotional involviert. Plaktiv gesprochen wäre es vergleichbar mit einem Trojanischen Pferd.
Hohe fachliche und persönliche Kompetenzen
Die im Spiel generierten „Learnings“ sind jedoch zunächst implizit und müssen im Sinne des beabsichtigten Lernerfolges erst bewusst gemacht werden. Auch der Einsatz spielerischer Elemente in Lernprozessen (Gamification) kann den gewünschten Lerneffekt überlagern. Dies stellt besondere Anforderungen an die Gestaltung des Games, an das jeweilige Lernsetting und dessen Einbettung in eine übergreifende Lehrstrategie. Damit wird deutlich, dass erfolgreiche Implementierungen von Serious Games und Gamification hohe fachliche wie personale Kompetenzen und eine multidisziplinäre Zusammenarbeit aller Beteiligten aus Bildungsplanung, Pädagogik, Design und Entwicklung erfordern.
Deutsch-Afrikanischer Summit
Der UMOJA CREATIVE SUMMIT Hannover am 23. Januar 2020 widmet sich diesen Fragen und damit den Potenzialen und Perspektiven von Serious Games und Gamification mit seinen vielfältigen Anwendungsgebieten und Formaten. In kurzen Impulsvorträgen stellen erfahrene Anwender und Produzenten aktuelle Game Based Learning Projekte vor und bieten an acht Stationen wertvolle Einblicke in ihre Arbeit sowie vielfältige Möglichkeiten zum Ausprobieren und persönlichen Austausch.
Investitions- und Kooperationsmöglichkeiten
Der UMOJA CREATIVE SUMMIT steht unter dem Motto „Deutsch-Afrikanische Kultur- und Kreativwirtschaft“. In den letzten Jahren hat der Serious-Games-Sektor als Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft in Afrika zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Branche birgt damit nicht nur nachhaltige Entwicklungspotenziale vor Ort, sondern auch Investitions- und Kooperationsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen. Diese doppelte Bedeutung bietet die Grundlage der Zusammenarbeit im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft zwischen der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE) und der Fachhochschule des Mittelstandes (FHM).
Aktuelle Trends und Perspektiven
Im Rahmen einer abschließenden Podiumsdiskussion werden dazu Game Entwickler und Digitalisierungsexperten mit Vertretern aus Bildung, Wirtschaft und Politik die Frage diskutieren, welche Rolle Serious Games in der Deutsch-Afrikanischen Entwicklungszusammenarbeit in Zukunft spielen können.
Der UMOJA CREATIVE SUMMIT bietet damit Gelegenheit zu spannenden Einblicken in aktuelle Trends und Perspektiven der Serious-Games-Branche und zu einem intensiven Austausch mit den Akteuren einer jungen, sehr agilen Entwicklung an der Schnittstelle zwischen Kreativwirtschaft, Bildungswesen und Entwicklungspolitik.
Autor: Prof. Dipl. Designer Jochen Dickel, Medienkommunikation, dickel(at)fh-mittelstand.de
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