„Unsere Partnerschaft mit dem BMZ ist organisch gewachsen“
Die Deutsche Post DHL Group und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wollen in Zukunft enger zusammenarbeiten und kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) aus Afrika den Zugang zu globalen Märkten erleichtern. Insgesamt 30 Millionen Euro sollen in den nächsten Jahren in dieses Vorhaben fließen. Mindestens zwei Drittel davon übernimmt die Deutsche Post DHL Group, die die Projekte im Rahmen ihres GoTrade-Programms vorantreibt. Wir haben mit Steven Pope gesprochen, Vice President GoTrade bei Deutsche Post DHL Group.
AWE: Herr Pope, mit der Kooperation mit dem Bundesentwicklungsministerium wollen Sie KMU aus Afrika den Weg auf den globalen Markt erleichtern. Woran hapert es bisher?
Pope: Grundsätzlich problematisch für diese Unternehmen sind vor allem die Verzögerungen bei der Ein- und Ausfuhr von Gütern sowie der damit einhergehende aufwändige Papierkram und die hohen Kosten. Für Kleinstunternehmen sind das sogar unüberwindbare Hürden, die sie ganz vom grenzüberschreitenden Handel abhalten. Durch Modernisierung und Vereinfachung der Prozesse an den Grenzen wollen wir diese Hürden beseitigen und den KMU den Zugang zu globalen Märkten erleichtern. Eine zweite Herausforderung ist die Digitalisierung selbst: Mithilfe des elektronischen Handels wollen wir es kleinen und mittelständischen Unternehmen ermöglichen, ihre Ware online anzubieten und sich dadurch den globalen Markt auch tatsächlich zu erschließen.
AWE: Lassen Sie uns zuerst über die Prozesse an den Grenzen sprechen. Was planen Sie da genau?
Pope: Zurzeit arbeiten wir zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH an einem Programm namens „Digitizing Trade“: Ziel ist es, die Grenzprozesse einschließlich der Zollabfertigung durch Digitalisierung zu rationalisieren und zu modernisieren, etwa indem Unternehmen künftig vor Ankunft ihrer Waren die Sendungsdaten an die Grenzbehörden übermitteln können. Im Moment stoppt der Zoll zunächst die meisten, wenn nicht sogar alle Sendungen an der Grenze. Dies sorgt für Verzögerungen und treibt die Kosten. Mit dem Digitalisierungsprogramm könnte der Zoll vorab auf die Daten zugreifen, dann entscheiden, welche Sendungen volle Aufmerksamkeit erfordern und damit effizientes Risikomanagement ermöglichen.
AWE: Was würde das in der Praxis bedeuten?
Pope: Die überwiegende Mehrheit der Sendungen könnte dadurch einfach abgefertigt werden. Das beschleunigt den Prozess, senkt die Kosten, erhöht die Sicherheit in der Lieferkette und verbessert den Service. Verwaltungen und Zollbehörden können sich so auf das Wesentliche konzentrieren und effizienter arbeiten. In Montenegro haben wir zusammen mit der GIZ und der Bundesregierung bereits ein solches Digitalisierungsprojekt umgesetzt, das erhebliche Leistungssteigerungen brachte. Allein die Zahl der Expresssendungen, die innerhalb einer Stunde nach ihrer Ankunft freigegeben wurden, stieg von 25 auf 53 Prozent.
AWE: Mithilfe der Digitalisierung wollen Sie im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem BMZ auch Korruption im innerafrikanischen Handel bekämpfen. Wie kann das gelingen?
Pope: Korruption ist nicht nur im innerafrikanischen Handel ein Problem, sondern auch in vielen anderen Ländern der Welt. Ein Vorteil, wenn man Prozesse digitalisiert: Man reduziert die menschliche Interaktion und schafft Transparenz. Entscheidungen werden faktenbasiert und standardisiert getroffen, beispielsweise werden Zollgebühren automatisch überwiesen. Damit entfällt die Möglichkeit, dass Gebühren erhoben werden, die nicht erhoben werden sollten, oder dass Einzelpersonen in die eigene Tasche wirtschaften.
AWE: Sie sprachen auch über Verbesserungen beim Zugang zur Digitalisierung und wollen gerade KMU unterstützen. Worum geht es da?
Pope: Das Internet ist sozusagen ein Schaufenster zur Welt – wer das richtige Produkt in der richtigen Qualität zum richtigen Preis anbietet, kann über den elektronischen Handel überall auf der Welt Käufer finden. Im E-Commerce aktive KMU sind nicht nur auf lokale Märkte angewiesen, sondern vergrößern ihren Absatzmarkt und damit ihre Wachstumsperspektive um ein Vielfaches. Das ist ein enormer Vorteil. Dank des Handelserleichterungsabkommens haben auch Kleinunternehmen aus Entwicklungsländern nahezu sofortigen Zugang zu globalen Märkten. Wir glauben fest daran, dass das eine herausragende Chance für afrikanische KMU ist. Deshalb wollen wir 2021 gemeinsam mit der GIZ die panafrikanische E-Commerce-Initiative starten. Damit bieten wir KMU Online-Plattformen an, die es ihnen ermöglichen, ihre Waren auf dem globalen Markt zu verkaufen und zu bewerben.
AWE: Die panafrikanische E-Commerce-Initiative ist ja nur ein Beispiel: Warum legen Sie den Fokus auf Afrika?
Pope: Afrika ist unser Nachbar. Die Bevölkerung dort ist jung und strebt nach Wohlstand. Mit dem Compact with Africa hat Deutschland einen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit Afrika gelegt. Wir sind stolz darauf, dies zu unterstützen – und wir sehen darin eine große Chance. Große Hoffnung verbinden wir auch mit der Freihandelszone African Continental Free Trade Area (AfCFTA). Wir wollen mit unseren Programmen und Projekten dazu beitragen, Handelshemmnisse abzubauen und integratives Wachstum auf nachhaltige Weise zu erreichen. Die bisherigen Wachstumszahlen in Afrika sind ermutigend für uns.
AWE: Wie kam es eigentlich zu der aktuellen Vereinbarung mit dem BMZ?
Pope: Unsere gemeinsame Absichtserklärung wurzelt in der erfolgreichen Partnerschaft, die wir seit mehr als fünf Jahren mit dem BMZ und der GIZ pflegen, und die seither organisch gewachsen ist. Wir arbeiteten zum Beispiel in Montenegro und in Ruanda bereits an gemeinsamen Projekten, sind als Deutsche Post DHL Group Gründungsmitglied der Globalen Allianz für Handelserleichterung und stolzes Mitglied der deutschen Allianz für Handelserleichterungen. Die aktuelle Vereinbarung ist eine logische Folge dieser Erfahrungen und Erfolge. Gemeinsam wollen wir diese erfolgreiche Partnerschaft ausbauen.
AWE: Stichwort Partner: Mit welchen öffentlichen Stellen arbeiten Sie in den Zielländern zusammen? Bei der Digitalisierung im Zollbereich sind Sie doch beispielsweise sicher auf eine Zusammenarbeit mit den Behörden vor Ort angewiesen?
Pope: Ich war selbst mehr als 25 Jahre beim Zoll beschäftigt und kenne daher Motivationen und Prioritäten: Wenn wir den Behörden die Vorteile der Modernisierung aufzeigen, können wir sie mit stichhaltigen Argumenten überzeugen. Immens wichtig ist für uns hier auch das Thema Compliance. Wir wollen deutlich machen, dass durch die verbindliche Einhaltung von Regeln eine Win-win-Situation für alle geschaffen wird. Doch Überzeugungsarbeit leistet man nicht über Nacht. Daher ist Vertrauen beim Aufbau dieser Kontakte äußerst wichtig. Hier hilft uns sehr, dass wir als DHL seit vielen Jahren in den Ländern tätig sind und dass wir darüber hinaus gut mit dem BMZ und der GIZ vernetzt sind.
AWE: Wenn Sie nach vorn blicken – was sind die nächsten Meilensteine in der Kooperation mit dem BMZ?
Pope: Leider hat COVID-19 uns hier ein bisschen ausgebremst – nicht zuletzt, weil Reisen aktuell schwierig sind. 2021 haben wir dennoch die zwei erwähnten Programme im Fokus, bei denen wir mit der GIZ kooperieren: Die panafrikanische E-Commerce-Initiative, mit der wir KMUs in die Lage versetzen wollen, über das Internet grenzüberschreitend Handel zu treiben, und unser „Digitizing Trade“-Programm. Mit diesem werden wir die Digitalisierung von Zollprozesse zur Beschleunigung von Ein- und Ausfuhren voraussichtlich ab dem nächsten Jahr in den ersten Ländern umsetzen.
Die Partnerschaft soll maßgeblich im Rahmen von Maßnahmen des develoPPP-Programms umgesetzt werden. Mit develoPPP fördert das BMZ unternehmerische Initiativen in Entwicklungs- und Schwellenländern, die zu einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort beitragen. Mehr erfahren
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