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„Unbürokratisch und wirksam“

Grafik Investitionserfolg in Afrika

Mitte 2019 hat das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) im Rahmen des Entwicklungsinvestitionsfonds auch AfricaConnect gelauncht. Das Programm finanziert Investitionen europäischer Unternehmen in afrikanischen Zukunftsmärkten. Die Konditionen der AfricaConnect-Darlehen sind besonders attraktiv, die Bandbreite der Volumina mit 750.000 bis vier Millionen Euro sehr flexibel. Im Interview blickt Jan Müller, Programmleiter bei der dafür verantwortlichen DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH, auf das erste operative Jahr zurück.

AWE: Herr Müller, beim Start des Entwicklungsinvestitionsfonds war die Hoffnung, dass mittelständische Unternehmen mithilfe der Instrumente – vor allem AfricaConnect – ihr Engagement in Afrika ausbauen. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus?

Müller: Wir haben gemeinsam mit dem BMZ das Programm gestaltet, Strukturen und Prozesse etabliert, ein Team an erfahrenen Kolleginnen und Kollegen zusammengestellt und mit Partnern wie der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung angefangen, AfricaConnect bekannt zu machen. So konnten wir bereits kurz nach dem operativen Start im Herbst 2019 die ersten Finanzierungszusagen für Investitionen verzeichnen. Dann kam Corona – und viele vielversprechenden Investitionsvorhaben wurden aufgeschoben (siehe Infokasten). Erfreulicherweise konnten wir zusammen mit dem BMZ in kürzester Zeit flexibel auf die Pandemie reagieren und mit "AfricaConnect COVID-19 Response" das Angebot um eine Liquiditätsfinanzierung erweitern. Insgesamt fällt die Zwischenbilanz zwar etwas anders aus, als wir das vor einem Jahr erwartet hätten. Aber sie ist trotzdem durchweg positiv und unsere Lernkurve ist weiterhin steil. 

AWE: Was haben Sie mit COVID-19 Response bisher erreicht?

Müller: Im Fokus steht hier die Liquiditäts- und Arbeitsplatzsicherung bei unternehmerischen Projekten, die entwicklungspolitisch einen Mehrwert bieten und aus wirtschaftlicher Sicht stabil sind, aber durch die Marktsituation in Schwierigkeiten geraten. Die Resonanz zeigt uns, dass das Programm tatsächlich eine Lücke füllt: In Ländern wie Tunesien hat der Lockdown auch die deutschen Unternehmen vor Ort vor große Herausforderungen gestellt. Ihnen konnten wir kurzfristig helfen. Mittlerweile sind erste Finanzierungen über COVID-19 Response abgeschlossen. Weitere Projekte sind in Prüfung, da der Liquiditätsbedarf auch bei wirtschaftlich erfolgreichen Vorhaben nach wie vor hoch ist. 

AfricaConnect: Das erste Jahr in Zahlen und Fakten

  • Die Finanzierung für zwölf Projekte wurde garantiert, Volumen: 26,8 Millionen Euro.
  • Damit sind 3.000 Arbeitsplätze in Afrika gesichert, 2.400 wurden neu geschaffen.
  • Mehr als zehn weitere Projekte stehen kurz vor einer Finanzierungszusage. Bei rund der Hälfte geht es um eine Liquiditätsfinanzierung im Rahmen von AfricaConnect COVID-19 Response.
  • Zwei Drittel der zugesagten Projekte werden in Ländern des Compact with Africa umgesetzt. Insbesondere Tunesien, Marokko und Ghana sind wichtige Zielländer.
  • Die Branchenvielfalt ist groß. Unter anderem werden die Bereiche Medizintechnik, Bekleidung, Tourismus und Handel abgedeckt.
  • Für 2019 hatte das Bundesentwicklungsministerium für AfricaConnect 25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, für 2020 insgesamt 50 Millionen Euro. 

(Stand: November 2020)
 

AWE: Haben Sie mit AfricaConnect die Zielgruppe Mittelstand erreicht?

Müller: Das haben wir geschafft. Wir haben mit AfricaConnect eine breite Spanne an Unternehmen finanziert: von kleinen, die gerade die Start-up-Phase hinter sich gelassen haben, über familiengeführte mittelständische Betriebe bis hin zu größeren Unternehmensgruppen. Das erste Jahr hat aber auch bestätigt, dass – auch im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn – nach wie vor gar nicht so viele klassische deutsche Mittelständler in Afrika aktiv sind. Wir hoffen, dass sich das nach der Krise ändert und sich weitere Unternehmen auf diesen vielversprechenden Weg begeben. 

AWE: Was kann AfricaConnect hier leisten?

Müller: AfricaConnect ist in mehrfacher Hinsicht besonders: Zuerst sind da die attraktiven Konditionen und auch die explizite Bereitschaft, höhere Risiken zu nehmen: Wir finanzieren direkt die afrikanischen Tochtergesellschaften von deutschen Unternehmen – in der Regel ohne Sicherheiten. Wir sind nicht kurzfristig profitorientiert, sondern engagieren uns langfristig. Das zahlt sich für die Unternehmen gerade in der Pandemie aus. Außerdem können wir mit unserer langjährigen Erfahrung in Afrika und unserem Netzwerk vor Ort punkten. Und wir nehmen Nachhaltigkeit sehr ernst: Jedes Projekt unterliegt einer intensiven Umwelt- und Sozialprüfung. Die Kosten dafür tragen wir. Für viele Unternehmen ist das, ob aus Reputationsgründen, intrinsischer Motivation oder Erfahrung, ein wichtiger Aspekt.

Erfahren Sie mehr über die Details der Finanzierung: AfricaConnect – Schlanke Finanzierung in anspruchsvollen Märkten

Carolin Welzel, Ian Lachmund, Jan Müller, Joachim Prieß und Matti Spiecker im Videocall
Carolin Welzel (AWE), Ian Lachmund (AWE), Jan Müller (DEG), Joachim Prieß (Kaschke Components GmbH) und Matti Spiecker (Limbua Deutschland GmbH) im Gespräch über KMU Marktchancen und nachhaltige Investitionen in Afrika

AWE: Gab es im Umgang mit den Unternehmen für Sie auch Überraschendes?

Müller: Tatsächlich begegnet man uns anfangs oft mit leichter Skepsis und der Haltung: „Das klingt doch zu gut, um wahr zu sein.“ In der Regel sprechen wir mit Finanzvorständen von Unternehmen. Viele wollten kaum glauben, wie attraktiv das Programm ist, wenn wir die Pluspunkte aufzählen und anmerken: Wir helfen auch bei der Strukturierung, bei den Krediten gibt es keine Vorfälligkeits- und Bereitstellungsgebühren und unter dem Schlagwort Business Support Services bieten wir zusätzliche Unterstützung an. So können wir bis zu 200.000 Euro ko-finanzieren, wenn Unternehmen zum Beispiel Ausbildungsprogramme umsetzen. Es kommt also auf den persönlichen Dialog und den individuellen, projektbezogenen Austausch an, um den Verantwortlichen deutlich zu machen, dass sie mit AfricaConnect das passende Förderinstrument gefunden haben. Dafür ist es nach wie vor wichtig, dass wir über Veranstaltungen wie Webinare eine gewisse Breitenwirkung erreichen.

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AWE: Welches Feedback haben Sie zuletzt bekommen?

Müller: Unternehmen heben oft hervor, dass sie unsere Hilfe als besonders unbürokratisch empfinden und das gerade jetzt zu schätzen wissen. Bei zwei Unternehmen haben wir zum Beispiel in den letzten Monaten die Finanzierung kurzfristig aufgestockt – und konnten damit zeigen, dass wir ihnen auch zur Seite stehen, wenn es schwierig wird. Generell versuchen wir immer, die Finanzierung schnell umzusetzen: Unser Anspruch ist, den Kreditvertrag innerhalb von sechs Wochen aufzusetzen. Oft dauert es aber länger, weil die Unternehmen mehrere Projekte gleichzeitig auf dem Tisch haben oder weil sich Lieferungen, Grundstückskäufe oder Ähnliches aufgrund der Pandemie verzögern. Das macht für uns die Planung schwierig und ist wichtig, um die Zahl der bisher zugesagten Finanzierungen einzuordnen.

AWE: Was denken Sie, wie es 2021 weitergeht?

Müller: Die globalen Auswirkungen der Krise sind noch immer schwer abschätzbar. In jedem Fall planen wir, auch im kommenden Jahr viele spannende Projekte zu finanzieren. Sollte sich die Wirtschaft weiter erholen, werden wir auch zumindest einen Teil der aufgeschobenen Projekte aus diesem Jahr umsetzen können. Mit den betroffenen Unternehmen stehen wir in Kontakt. Unsere Herangehensweise hat sich dabei nicht geändert: Trotz Krise bleibt unsere Risikobereitschaft hoch, wir halten an unseren Standards fest und verlangen von Unternehmen nicht mehr Sicherheiten als zuvor. Zudem arbeiten wir hart daran, unsere attraktive Finanzierungslösung noch stärker im Markt bekannt zu machen. 

Praxisbeispiel: Solarstrom für Ghana

Finanzierungszusage über zwei Millionen US-Dollar an die Daystar Power Ghana Group: Das Unternehmen bietet mittleren und größeren Unternehmen in Ghana klimafreundliche Solar- und Hybridstromlösungen und übernimmt dabei auch die Installation sowie Wartung der Anlagen. Die Unternehmen – zum Beispiel Banken – können dadurch auf Dieselgeneratoren verzichten, die stabile und sichere Stromversorgung bleibt gewährleistet. Allein durch die laufenden Projekte werden jährlich 4.400 Tonnen CO2-Emissionen vermieden; außerdem sind 20 qualifizierte Arbeitsplätze entstanden. Die Daystar Power Group ist in vier westafrikanischen Ländern aktiv. Sie wird vom deutschen Gründer und einem deutschen CEO geleitet und ist mehrheitlich im Besitz deutscher Anteilseigner. 

Einen Überblick über alle Förderzusagen im Rahmen von AfricaConnect finden Sie hier.

AWE: Vor der Krise war viel vom Zukunftsmarkt Afrika die Rede. Wie ist das heute?

Müller: Grundsätzlich sind die Voraussetzungen noch dieselben: Die Bevölkerung ist jung. Die Absatzmärkte sind dynamisch. Und durch die Freihandelszone AfCFTA rückt der Kontinent enger zusammen, der Markt wird größer und relevanter. Natürlich ist es verständlich, dass Unternehmen in der derzeitigen Situation zuerst schauen, wie sie durch die Krise kommen. Es kann sehr vernünftig sein, nicht in neue Produktionsanlagen im Ausland zu investieren, solange man nicht einmal dorthin reisen kann. Andererseits arbeiten wir auch mit Partnern zusammen, denen es in der Pandemie gelingt, ihre Pläne in Afrika weiter erfolgreich umzusetzen und abzuschließen. Und auch diese Krise wird hoffentlich bald ein Ende finden, dann lohnt es sich, mit unserer Unterstützung frühzeitig die Chancen zu nutzen.

AWE: Ihr Tipp: Was sollten Unternehmen berücksichtigen, die sich an die DEG wenden?

Müller: Hier fallen mir zunächst drei Punkte ein. Erstens: Unternehmen brauchen Partner vor Ort, die sich mit den kulturellen und branchenspezifischen Gegebenheiten auskennen und die dabei unterstützen, das Unternehmen dort zu leiten. Allein von Deutschland aus ist so ein Plan nicht umsetzbar. Zweitens braucht man idealerweise einen strategisch und finanziell starken Partner. Meist ist das die Unternehmensgruppe im Hintergrund, die einspringt, wenn es am neuen Standort mal schlechter läuft. Ohne das wird es schwieriger: Viele Unternehmen kommen zwar mit guten Ideen und auch mit etwas Eigenkapital zu uns, es fehlt aber jemand, der die langfristige Perspektive, die Expertise und die finanzielle Power hat, das Ganze umzusetzen. Der dritte Punkt ist: Zeit und auch Geld mitbringen. Meist gibt es Verzögerungen, daher darf das Budget nicht zu knapp sein; Gewinne zeigen sich oft erst nach Jahren. Deshalb ist die langfristige Perspektive wichtig, die mittelständische Unternehmen ja haben. Aus unserer Sicht ist das ein sehr guter Fit für Projekte in Afrika.

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