Come East. In der Ukraine investieren

Von Olga Mitskevych
Der Wiederaufbau der Ukraine beginnt nicht irgendwann, er läuft schon. Deutsche Unternehmen arbeiten vor Ort und unterstützen die Modernisierung der ukrainischen Wirtschaft mit Know-how, aber auch mit Produkten und Dienstleistungen. Vor allem bei Bautechnik und Energie könnten sich deutsche Unternehmen künftig noch mehr einbringen und Partnerschaften mit Unternehmen vor Ort knüpfen. Investitionsprogramme im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit unterstützen Investoren dabei.
Am 10. und 11. Juli 2025 findet in Rom die Ukraine Recovery Conference statt. Es ist die mittlerweile vierte Ausgabe der internationalen Konferenz: Entscheidungsträger:innen aus Regierungen, internationalen Organisationen, Finanzinstitutionen, Unternehmen, Kommunen und der Zivilgesellschaft treffen sich hier, um über die gemeinsame Unterstützung der Ukraine beim Wiederaufbau zu sprechen. Dabei können sie an eine Vielzahl gemeinsamer Projekte und Kooperationen anknüpfen. Denn der Wiederaufbau der Ukraine fängt nicht erst irgendwann in der Zukunft an – er läuft bereits.
Aktuell liegt der Fokus darauf, bestehende Partnerschaften und Infrastruktur für die Wirtschaft zu erhalten und zu stärken. Dabei ist es für alle Beteiligten wichtig, die Beziehungen nicht abreißen zu lassen. Angaben der ukrainischen Botschaft in Deutschland zufolge hat kein deutsches Unternehmen das Land nach Beginn der Vollinvasion durch Russland verlassen – ein starkes, ermutigendes Zeichen.
Die Akteure der deutschen Entwicklungszusammenarbeit arbeiten dabei mit privaten Investoren und Unternehmen Hand in Hand. Ein Beispiel: Das BMZ hat den Wiederaufbau des bei einem russischen Raketenangriff im Juli 2024 teilweise zerstörten Kyjiwer Kinderkrankenhauses Okhmatdyt mit etwa 10 Millionen Euro gefördert. Deutsche Unternehmen konnten sich an Ausschreibungen zum Beispiel zur Lieferung der Medizintechnik beteiligen. Die deutsche Regierung unterstützt privatwirtschaftliche Investitionen zudem mit Investitionsgarantien. Im Rahmen dieser Investitionsgarantien sind auch Kriegsrisiken abgesichert. Das ist für Unternehmen enorm wichtig, wenn sie sich in der Ukraine engagieren wollen.
Schwerpunktbranchen Bautechnik und Energie
Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit haben sich für Investitionen in der Ukraine auch Förderprogramme wie DeveloPPP und nicht zuletzt ImpactConnect etabliert. So können zum Beispiel Infrastrukturprojekte realisiert werden. Eines der jüngsten Erfolgsbeispiele sind Solarprojekte, die die ukrainische Tochterfirma des deutschen Unternehmens Goldbeck Solar realisieren wird: Der Bau der Solaranlagen wird mit Hilfe eines Investitionsdarlehens in Höhe von 5 Millionen Euro realisiert.
Ein weiteres vorbildliches Beispiel: Die ukrainische Tochterfirma des deutschen Baustoffherstellers Fixit baut eine neue Produktionsstätte in der Ukraine auf – auch hier mit Hilfe eines Investitionsdarlehens im Rahmen des Programms ImpactConnect, das gezielt gegen Kriegsrisiken abgesichert ist.
Dass diese beiden Beispiele aus den Branchen Bau und Energie stammen, ist kein Zufall. Deutsches Know-how und deutsche Produkte sind in diesen Bereichen aktuell besonders gefragt und wichtig für den Wiederaufbau. Gefragt ist dabei neben Baustoffen zum Beispiel Bautechnik. Aufzüge, Kräne, Baumaschinen: All das wird gebraucht.
Gleiches gilt für die Energiewirtschaft: Noch läuft die Versorgung mit Strom und Wärme sehr zentralisiert, sie muss und soll aber dezentralisiert werden, auch aus Sicherheitsgründen. Hier kommen erneuerbare Energien ins Spiel – eine Branche, bei der deutsche Unternehmen und Projektierer wertvolle Expertise mitbringen und daher gefragte Geschäftspartner sind.
Transparenz dank GovTech
Ein weiterer Anknüpfungspunkt für Partnerschaften und gemeinsame Projekte ist der sogenannte GovTech-Sektor. Gemeint sind damit digitale Innovationen, die der Resilienz und Zukunftsfähigkeit von Staat und Verwaltung dienen. Die Ukraine verfügt über hervorragend ausgebildete IT-Fachkräfte und investiert bereits seit Jahren stark in den GovTech-Sektor. Die Digitalisierung ist kein Selbstzweck, sondern dient der Korruptionsbekämpfung und der Sicherheit im Land.
Die neu entstandene staatliche Online-Plattform für Wiederaufbauprojekte Dream listet aktuell rund 12.000 Infrastrukturprojekte im ganzen Land, samt Finanzstatus, Zeitplanung und aktuellem Projektstatus. Die Bandbreite reicht von der Modernisierung kommunaler Kanalnetze über die Erneuerung einzelner Straßenbahnlinien bis hin zum Bau energieeffizienter Schwimmbäder für Rehabilitationsmaßnahmen.
Unternehmen, die sich beim Wiederaufbau und der Modernisierung der Infrastruktur in der Ukraine engagieren möchten, können sich auf der digitalen Plattform einen guten Überblick verschaffen.
Jetzt beraten lassen und vernetzen
Die AWE berät gemeinsam mit der AHK Ukraine zudem zu Fördermöglichkeiten im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit. Auch zu Ausschreibungen durch ukrainische Auftraggeber oder durch internationale Finanzinstitutionen bieten wir gezielte Informationen und Unterstützung – etwa im Rahmen unserer gemeinsamen Deep-Dive-Reihe, in der Unternehmen Informationen aus erster Hand von Geberinstitutionen wie der Weltbank, IFC oder EIB zu aktuellen Projekten und Beteiligungsmöglichkeiten erhalten. Diese Ausschreibungen können als Türöffner für Unternehmen auf dem ukrainischen Markt dienen.
Gute Gelegenheiten, sich mit Entscheidungsträger:innen und Stakeholdern zu vernetzen, bieten auch Veranstaltungen wie die Messe Rebuild Ukraine, die im November in Warschau stattfinden wird, oder das Deutsch-Ukrainische Wirtschaftsforum Ende dieses Jahres.
Wer am Wiederaufbau der Ukraine teilnehmen, Kontakte und Partnerschaften aufbauen möchte, sollte also nicht auf „ruhigere Zeiten“ warten, sondern die aktuellen Ausschreibungen und Veranstaltungen jetzt schon in den Blick nehmen. Ja, noch herrscht Krieg. Doch der Wiederaufbau kann nicht warten – und viele wichtige Projekte laufen schon jetzt an.
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