„Das erweiterte Angebot kommt Unternehmen zugute“
Gemeinsam mehr erreichen: Mit dem Wirtschaftsnetzwerk Afrika und IHK-Netzwerkbüro Afrika (INA) steht kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), die in Afrika investieren wollen, zwei neue Beratungsangebote zur Verfügung. An wen Sie sich mit welchem Anliegen wenden können und wie die drei zusammenarbeiten, um Ihr unternehmerisches Projekt voranzubringen, erfahren Sie in diesem Dreierinterview mit Dr. Corinna Franke-Wöller (AWE), Britta Ziemann (Wirtschaftsnetzwerk Afrika) und Dr. Thando Sililo (INA).
AWE: Frau Dr. Franke Wöller, Sie sind mit der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung jetzt seit fast fünf Jahren am Markt. Wie haben Sie sich positioniert?
Franke-Wöller: Seit das Bundesentwicklungsministerium 2016 die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung ins Leben gerufen hat, haben wir uns im Bereich Entwicklungszusammenarbeit etabliert als One-Stop-Shop für deutsche und europäische Unternehmen, die in Entwicklungsländern unternehmerisch aktiv werden und sich dort nachhaltig engagieren. Seither haben wir mehr als 6.000 Anfragen aus der Wirtschaft bearbeitet. Wir beraten von der ersten Idee bis zur Projektumsetzung und profitieren davon, dass wir eng in das Netzwerk der Entwicklungszusammenarbeit eingebunden sind. Die Beratung ist kostenfrei und vertraulich, unser Team ist international und interdisziplinär aufgestellt. So können wir eigentlich alle Branchen und Regionen abdecken, wobei Landwirtschaft, Energie und Bildung oft im Mittelpunkt stehen. In einer aktuellen Kundenbefragung wurde uns zudem bestätigt, dass das Angebot als hilfreich und wirtschaftsnah wahrgenommen wird.
AWE: Welche Unterstützung finden Unternehmen bei der AWE?
Franke-Wöller: Wir bündeln die Angebote der Entwicklungszusammenarbeit für die Wirtschaft und übernehmen hier auch eine Wegweiserfunktion. Wir informieren über staatliche Fördermöglichkeiten und Finanzierungsangebote der Entwicklungszusammenarbeit – vielfach nachgefragt sind dabei das develoPPP-Programm und AfricaConnect als Teil des Entwicklungsinvestitionsfonds. Wir vernetzen mit Partnern in Deutschland und in aller Welt, beispielsweise den Business Scouts for Development, und unterstützen bei Ausschreibungen internationaler Entwicklungsbanken und anderer Organisationen wie der Weltbank. Zudem ist der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte unter unserem Dach angesiedelt, der rund um die Verantwortung in globalen Lieferketten und das Monitoring im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) informiert, berät und konkrete Hilfestellung bietet.
AWE: Frau Ziemann, Sie sind Leiterin des Wirtschaftsnetzwerks Afrika, das 2019 seine Arbeit aufgenommen hat. Was macht Ihre Arbeit aus?
Ziemann: Das Wirtschaftsnetzwerk Afrika ist der Beitrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zum Entwicklungsinvestitionsfonds. Ziel ist es, vor allem kleine und mittelständische Unternehmen bei Handels- und Investitionsvorhaben auf dem afrikanischen Kontinent über Geschäftsmöglichkeiten in Afrika und die Angebote von Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit zu informieren, an zuständige Ansprechpartner zu verweisen und die Unternehmen bis zum Markteintritt in Afrika zu begleiten. Das Wirtschaftsnetzwerk vernetzt die bestehenden Programme und Akteure der Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit und schafft einen einheitlichen Ansprechpartner für Unternehmen.
AWE: Was bieten Sie Unternehmen?
Ziemann: Unternehmen, die die Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika kontaktieren, bekommen einen ersten Überblick über die Angebote aus den Bereichen Außenwirtschaftsförderung und Entwicklungszusammenarbeit. Wir verweisen dann konkret an die relevanten Ansprechpartner zur weiterführenden Beratung, wie die AWE zur Entwicklungszusammenarbeit und das IHK-Netzwerkbüro Afrika zur Außenwirtschaftsförderung. Darüber hinaus begleiten die Afrika-Partner der Geschäftsstelle Unternehmen dauerhaft auf dem Weg in afrikanische Märkte – von der ersten Idee bis hin zum Markteintritt. Diese Beratung ist kostenfrei. Sie wird ergänzt durch den Africa Business Guide der GTAI, dem digitalen Informationsportal zu Afrika. Bei der Außenwirtschaftsförderung setzt das Wirtschaftsnetzwerk Afrika auf die bewährten Instrumente zur Markterschließung, wie Geschäftsanbahnungsreisen, Informationsveranstaltungen oder Zielmarktanalysen.
AWE: Kann ich als Unternehmen Mitglied Ihres Netzwerks werden?
Ziemann: Die Partner im Wirtschaftsnetzwerk Afrika sind nicht Unternehmen, sondern etablierte Akteure der Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit, Branchenverbände und Ländervereine, Organisationen und Initiativen, die Angebote für Unternehmen zur Geschäftsentwicklung in Afrika zur Verfügung stellen. Diese kommen im Wirtschaftsnetzwerk Afrika zusammen, um ihre Angebote besser zu verknüpfen und Synergien zu entwickeln. Die Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika vermittelt den Zugang zu allen Akteuren und Angeboten, des Wirtschaftsnetzwerks Afrika. Unternehmen können sich jederzeit an uns wenden, um einen ersten Überblick zu erhalten.
AWE: Herr Dr. Sililo, das IHK-Netzwerkbüro Afrika, kurz INA, ist das neuste Angebot am Markt. Welche Lücke füllen Sie?
Sililo: Als neues Angebot und Teil der Beratungsstruktur des Wirtschaftsnetzwerks Afrika übernehmen wir insbesondere die Erstberatung von Unternehmen zu Afrika im Bereich der Außenwirtschaftsförderung. Wir sind angesiedelt bei der DIHK Service GmbH und somit im engen Austausch mit den 79 Industrie- und Handelskammern in Deutschland sowie den neun Auslandshandelskammern und Delegationen auf dem afrikanischen Kontinent. Als Teil der IHK-Familie sind wir dem IHK-Markenkern verpflichtet und legen einen besonderen Fokus darauf, das Thema Geschäftschancen in Afrika in alle Regionen zu tragen. Unser Unterstützungsangebot richtet sich dabei vor allem an KMU mit wenig Erfahrung in Schwellenmärkten.
AWE: Ihr Angebot startet mitten in Pandemiezeiten – sicher nicht die einfachsten Voraussetzungen. Warum lohnt es sich für Unternehmen dennoch, Investitionspläne in Afrika weiter zu verfolgen?
Sililo: Afrika ist für Deutschland als Nachbar, als Chancenkontinent und zunehmend auch als Markt von großer Relevanz. So verzeichnete Afrika – vor der Corona-Krise – 25 Jahre lang ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum; 2019 betrug das Wachstum der afrikanischen Volkswirtschaften 3,4 % (laut African Development Bank). Auch Corona wird diese grundsätzliche Entwicklung nicht umkehren, höchstens für kurze Zeit bremsen. Ähnliches hören wir auch aus den Auslandshandelskammern auf dem Kontinent: Viele deutsche Firmen, die bereits in Afrika aktiv sind, wollen es auch zukünftig bleiben. Die Pandemie sorgt zwar für einige schwierige Monate, doch dies tut den langfristigen Wachstumspotenzialen keinen Abbruch. Viele andere Länder sind bereits viel aktiver auf dem afrikanischen Kontinent. Dazu zählt nicht nur China, sondern auch einige unserer europäischen Nachbarn sind sehr rege. Noch scheuen sich viele KMU, abgeschreckt durch die mitunter großen Herausforderungen und schwierigen politischen Rahmenbedingungen. Doch Durchhalten lohnt sich, das hören wir immer wieder.
AWE: Welche konkrete Unterstützung bieten Sie?
Sililo:Bei uns erhalten Unternehmen eine persönliche, individuelle und kostenfreie Erstberatung zur Außenwirtschaftsförderung. Daneben bekommen sie ein individuell erstelltes Dossier, das die für sie relevanten Fördermöglichkeiten und Marktinformationen aufbereitet. Außerdem stellen wir gezielt Kontakt zu weiterführenden Ansprechpartnern her. Gemeinsam mit IHKs, AHKs und Partnern des Wirtschaftsnetzwerks Afrika organisieren wir Veranstaltungen und Webinare für Unternehmen: Dabei geht es um sektorübergreifende Themen wie Finanzierung, aber auch um spezifische Potenzialbranchen, beispielsweise im Bereich erneuerbare Energien. Der dritte Arbeitsschwerpunkt umfasst Beratungs- und Informationsprodukte zur Außenwirtschaftsförderung in Afrika, in Ergänzung zu den Angeboten von IHKs, AHKs und GTAI. Diese Publikationen fassen Fördermöglichkeiten und Ansprechpartner zu bestimmten Themen und Sektoren übersichtlich zusammen.
AWE: Frau Dr. Franke-Wöller, wie sehen Sie die neuen Angebote am Markt: Ist das Konkurrenz?
Franke-Wöller: Nein, die neuen Angebote sind komplementär zu verstehen – hier kommt sozusagen zusammen, was zusammengehört. Da sich die meisten Anfragen an uns auf Projekte in Afrika beziehen, ist es für uns naheliegend, im Wirtschaftsnetzwerk Afrika mitzuarbeiten, als eine Säule der Erstberatung: So wie die AWE im Bereich Entwicklungszusammenarbeit der Wirtschaft erfolgreich ist, bietet das IHK-Netzwerkbüro Afrika jetzt eine Erstberatung in der Außenwirtschaftsförderung. Das ist in gewisser Weise auch eine Bestätigung für unser Modell. Unternehmen und insbesondere KMU profitieren davon, dass es diese Erstanlaufstellen gibt und wir hier, je nach Projekt und Unterstützungsgesuch, aufeinander verweisen können. Das ist wichtig, da wir immer wieder die Rückmeldung bekommen, dass das Unterstützungsangebot für neue Märkte für Unternehmen nicht so einfach zu durchschauen ist.
AWE: Herr Dr. Sililo, wie sehen Sie das Zusammenspiel mit der AWE und dem Wirtschaftsnetzwerk Afrika?
Sililo: Damit deutsche Unternehmen mit Interesse an Afrika nicht den Überblick verlieren, arbeiten INA, AWE und das Wirtschaftsnetzwerk Afrika bei Beratungen, Veranstaltungen und den weiteren Aktivitäten eng zusammen. Durch die Kombination unserer Stärken haben Unternehmen Zugang zu einer Beratungsinfrastruktur, bei der sie sich sicher sein können, immer zum richtigen Ansprechpartner für das eigene Anliegen zu kommen. Die Zusammenarbeit zwischen uns läuft schon jetzt gut und wird sich zukünftig noch intensivieren: Wir arbeiten gemeinsam an Konzepten für die Beratung und die Öffentlichkeitsarbeit und stehen regelmäßig im Kontakt, um Unternehmen bestmöglich beraten zu können.
AWE: Frau Ziemann, wie spielen die Angebote aus Ihrer Sicht zusammen?
Ziemann: Die Angebote der Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks, INA und AWE ergänzen sich: Die deutsche Außenwirtschaftsförderung bietet zum Beispiel Unterstützung bei der Geschäftspartnersuche vor Ort oder der Absicherung von Exporten und Investitionen. Die Angebote der Entwicklungszusammenarbeit beziehen sich etwa auf die Finanzierung von entwicklungspolitisch förderungswürdigen Investitionen und die Fachkräfteförderung in ausgewählten Ländern. Die Bundesregierung sichert Exporte und Investitionen auch nur für entwicklungspolitisch förderungswürdige Vorhaben ab. Insbesondere für Unternehmen, die die für sie relevanten Angebote der Außenwirtschaftsförderung und der Entwicklungszusammenarbeit noch nicht kennen, bietet die Geschäftsstelle des Wirtschaftsnetzwerks Afrika daher eine erste Orientierung.
Warum sich Investitionspläne auch in Pandemiezeiten lohnen
AWE: Wie blicken Sie auf das erste Jahr zurück?
Ziemann: Das Jahr 2020 hat aufgrund der andauernden Pandemie weltweit für nie da gewesene Herausforderungen gesorgt. Gesellschaft und Wirtschaft waren und sind in besonderem Maße gefordert. Und natürlich wurden einige Unternehmen in ihrer Geschäftsentwicklung gebremst. Dennoch wurden die Angebote des Wirtschaftsnetzwerks Afrika insgesamt gut angenommen. Wir ziehen also eine positive Bilanz und gehen von einer weiter steigenden Nachfrage im kommenden Jahr und darüber hinaus aus. Daher erweitert das Wirtschaftsnetzwerk Afrika sein Angebot für Unternehmen für das Jahr 2021, u.a. mit weiteren Markterschließungsangeboten.
AWE: Frau Dr. Franke-Wöller, können Sie uns auch einen Einblick in Ihre aktuellen Projekte geben?
Franke-Wöller: Zwei Highlights möchte ich hier nennen: Wir haben kürzlich unsere neue Förderdatenbank Entwicklungsländer gelauncht, mit deren Hilfe sich Unternehmen vorab mit wenigen Klicks informieren können, welche Unterstützungsangebote es zurzeit für ihren Zielmarkt und ihre Branche gibt. Das Team des Helpdesks Wirtschaft und Menschenrechte hat zudem mit dem KMU Kompass ein Online-Tool auf den Markt gebracht, das Mittelständler Schritt für Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit lotst: Unternehmen können damit kostenfrei die sozialen und ökologischen Risiken entlang ihrer Lieferkette besser verstehen und ihrer unternehmerischen Sorgfalt nachkommen. Was unsere Kooperation im Wirtschaftsnetzwerk Afrika anbelangt, blicke ich optimistisch ins nächste Jahr – hier werden sich bestimmt neue Projekte und Angebote für Unternehmen und Verbände ergeben.
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