Der Projektzyklus der Weltbank – Schritt 1: Identifizierungsphase
Wer frühzeitig über ein Vorhaben der Weltbank in einem Partnerland Bescheid weiß, ist häufig im Vorteil. Schon ganz am Anfang, bei der Projektidentifizierung, können beispielsweise Beratungsfirmen Einfluss nehmen. Wie das geht, war Gegenstand einer Schulung Anfang April im Rahmen des Programms „Bridging the Gap – Successful Tenders and Procurement (STEP)" der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung.
Nach der erfolgreichen Premiere von STEP 2021, an der rund 30 Unternehmen teilgenommen haben, läuft nun die zweite Runde. Wegen der Pandemie finden erneut alle Veranstaltungen online statt. Im Fokus stehen in diesem Jahr die Länder Côte d'Ivoire und Indonesien mit den Sektoren Wasser und Abwasser, Landwirtschaft und Ernährung sowie Abfall und Recyclingwirtschaft. In dem mehrteiligen Programm erfahren Unternehmen, wie sie erfolgreich auf internationale Ausschreibungen bieten können, und bekommen Zugang zu Internationalen Entwicklungsbanken und deren Projekten.
Die Entstehung eines Projekts
Grundlage eines Weltbankprojekts ist die Partnerschaftsstrategie (Country Partnership Strategy), die zwischen der Bank und dem Partnerland vereinbart wird, in dem das Projekt umgesetzt wird. In dieser Rahmenvereinbarung legen die beiden Seiten fest, woran sie in den nächsten drei bis fünf Jahren gemeinsam arbeiten wollen. Sie skizzieren die Höhe der Finanzierung und eine grobe Strategie. Direkte Einflussnahme ist an dieser Stelle eher nicht möglich – allerdings fußt die Partnerschaftsstrategie in der Regel auf Erfahrungen aus vorangegangenen Projekten. Es lohnt sich also, auch am Ende eines Projektzyklus präsent zu sein, um Einfluss auf folgende Vorhaben und Ausschreibungen zu nehmen.
Interessant wird es in der Identifizierungsphase (Identification), in der die Weltbank mit dem Partnerland grob die Themen eines Projekts bespricht. In dieser Phase kommen häufig Beratungsfirmen ins Spiel, um die beteiligten Institutionen und die Regierung zu unterstützen. Berater:innen bietet das die Möglichkeit, aktiv mitzugestalten, indem sie beispielsweise Erfahrungen aus Projekten in anderen Ländern einbringen und Vorschläge zum Projektdesign machen. Neben diesen offiziell beauftragten Beratungsfirmen können aber auch informelle Gespräch zwischen Unternehmen und den Verantwortlichen bei der Bank sinnvoll sein. Vorerfahrungen und technische Expertise eines Unternehmens fließt auf diesem Weg in die Ausschreibung ein.
Einblicke in STEP22: Ein teilnehmendes Unternehmen berichtet
Zu den Teilnehmenden der diesjährigen STEP-Runde zählt auch die CLAAS Global Sales GmbH (CGS). Als weltweit agierendes Unternehmen verfügt der europäische Marktführer für Landtechnik bereits über viel Erfahrung im internationalen Handel. In einem Interview mit der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung erklärt Tatjana Miller, Projektmanagerin bei der CGS, was das Unternehmen trotz großer Expertise im Auslandsgeschäft an STEP so schätzt.
AWE: Wie international ist das Unternehmen CLAAS?
Tatjana Miller: Die CLAAS hat 35 Standorte in 19 Ländern mit 11,9 Tausend Mitarbeitern in 59 Nationalitäten und ist europäischer Marktführer bei Mähdreschern, selbstfahrenden Erntemaschinen und weltweit führend in der Landtechnik mit Traktoren, landwirtschaftlichen Ballenpressen sowie Futtererntemaschinen. Das CLAAS Produktportfolio umfasst auch modernste landwirtschaftliche Informationstechnologie.
CLAAS Technical Training Academy, ORIGINAL Ersatzteile und Zubehör bieten umfassenden Support & Service, weltweit.
AWE: Was waren die größten Herausforderungen beim Skalieren Ihres Unternehmens auf internationaler Ebene?
Miller: Die unterschiedlichen Erntebedingungen weltweilt stellten die größten Herausforderungen beim Skalieren von CLAAS auf internationaler Ebene dar.
AWE: Sind die Märkte von Entwicklungs- und Schwellenländern interessant für Ihr Unternehmen?
Miller: CLAAS ist ein weltweit agierendes Unternehmen und ist in vielen Ländern durch Produkt- und Vertriebsgesellschaften vertreten. In den Märkten von Entwicklungs- und Schwellenländern sieht CLAAS ein großes Entwicklungspotential und ist in diesen Märkten durch die Importeure vertreten.
AWE: Haben Sie in der Vergangenheit an internationalen Ausschreibungen teilgenommen?
Miller: Seit geraumer Zeit nimmt die CLAAS Global Sales GmbH (CGS) regelmäßig an internationalen Ausschreibungen teil. Vor 2 Jahren wurde in der CGS ein weltweiter Projekt für Tender Management gestartet. Die globalen online Tenderplattformen werden systematisch nach für CLAAS interessanten Ausschreibungsinformationen durchsucht. Diese Informationen werden an die Importeure gesendet und später weiterverfolgt. Ausschreibungen in den Ländern werden über Importeure abgewickelt.
AWE: Was interessiert Sie besonders an STEP?
Miller: Besonders wertvoll an STEP ist für CLAAS Global Sales GmbH die Möglichkeit, die Kontakte mit der Welt- und Afrikanischen Entwicklungsbank sowie mit den Regierungen in den Entwicklungsländern zu knüpfen.
AWE: Wie viel Wissen war vor dem Training über den Projektzyklus im Ausschreibungsgeschäft vorhanden?
Miller: Obwohl CLAAS Global Sales bereits seit Jahren im Ausschreibungsgeschäft aktiv ist, war der Projektzyklus und die im internationalen Ausschreibungsgeschäft erforderliche Dokumentation nur in Auszügen bekannt.
AWE: Welche „lessons- learned“ nehmen Sie aus den Trainings mit?
Miller: Aus dem STEP-Training nimmt CLAAS Global Sales GmbH das Wissen über den vollständigen Projektzyklus, Zugang zu den internationalen Tenderprojekten, erforderliche Tenderdokumentation sowie direkte Kontakte zu den internationalen Finanzorganisationen und lokalen Regierungen mit.
Wie geht es weiter?
Welche Schritte im Projektzyklus auf die Identifizierungsphase folgen und welche Möglichkeiten sich dort bieten, wird Gegenstand weiterer drei Blogbeiträge sein. Im STEP-Programm folgen im Mai und Juni die sogenannten Deep Dives, je eine intensive Seminarwoche zu Côte d‘Ivoire und Indonesien.
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