Finanzierung für Mittelstand: Potenziale im Globalen Süden nutzen
Attraktive Konditionen und ein schneller, unbürokratischer Entscheidungsprozess: Small-Ticket-Finanzierungen eignen sich für kleine und mittelständische Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union (EU), die bereits in Schwellen - und Entwicklungsländern aktiv sind oder ihre Aktivitäten vor Ort ausweiten wollen. Ende November 2022 hatten die IHK Düsseldorf und die Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE) zum Thementag „Internationale Finanzierungen in der Entwicklungszusammenarbeit“ eingeladen. Ein Thema: „Finance Small Tickets“. Dabei stellte die DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft ihr Programm AfricaConnect vor. Die Agentur Lux Development berichtete im Rahmen ihrer Entwicklungszusammenarbeit über mögliche Business Partnerships, während der Global Innovation Fund im Anschluss Einblicke in sein Finanzierungsprogramm gab.
Das deutsch-kenianische Unternehmen Limbua verarbeitet seit 2006 Bio-Macadamianüsse in Kenia. Um mit der Herstellung von Avocado-Öl ein weiteres Geschäftsfeld aufzubauen und weiter wachsen zu können, benötigte der Betrieb Geld. Im Juli 2019 bewarb es sich um Finanzmittel aus dem AfricaConnect-Programm der DEG. Schon im ersten Quartal 2020 wurde der Kredit ausgezahlt: ein Darlehen von zwei Millionen Euro. 150 neue Jobs sind durch die Investition mittlerweile entstanden, insbesondere für Frauen.
Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) wie Limbua, die nachhaltige und innovative Geschäftsmodelle in einem Schwellen- oder Entwicklungsland anstoßen wollen, war es lange Zeit schwer, eine Finanzierung zu erhalten. Ihre Auftragsvolumen sind oft das, was Banken als „Small Tickets“ bezeichnen. Sie sind also kleiner als fünf Millionen Euro. Neue Programme bieten KMU mittlerweile eine schnelle und einfache Möglichkeit, an kleine Beträge zu kommen – wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Finanzierung: AfricaConnect bietet Lösungen für kleine und mittelgroße Investitionen
AfricaConnect bietet seit 2019 Finanzierungslösungen für kleine und mittelgroße Investitionen in Afrika. Mit attraktiven Konditionen unterstützt das Programm europäische KMU bei sowohl bestehenden als auch geplanten Engagements in Afrika. Möglich sind Darlehensfinanzierungen ab 750.000 bis fünf Millionen Euro; die Laufzeiten von bis zu sieben Jahren haben können. Der Eigenanteil des Unternehmens sollte bei rund 50 Prozent der Investitionssumme liegen. „Die Mittel werden dabei direkt der afrikanischen Tochtergesellschaft zur Verfügung gestellt, in der Regel ohne Bürgschaft der EU-Muttergesellschaft“, sagte Luisa Pfeifer, Analystin bei DEG.
Fokus liegt auf reformorientierten Ländern
Umgesetzt wird AfricaConnect von der DEG, die finanziellen Mittel dafür stellt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) bereit. Das Programm ist eine Säule des Entwicklungsinvestitionsfonds (EIF), mit dem die Bundesregierung Unternehmen bei ihren Investitionen in zahlreichen afrikanischen Ländern unterstützt. Der Fokus liegt auf den reformorientierten zwölf Ländern des „Compact With Africa“, grundsätzlich ist AfricaConnect aber offen für alle Länder auf dem afrikanischen Kontinent.
Die meisten Projekte sind in Ghana angesiedelt, gefolgt von Tunesien und dem Senegal. Die verarbeitende Industrie führt die Rangliste der geförderten Branchen an, gefolgt vom Transport- und Infrastruktursektor sowie der Land- und Forstwirtschaft und den Sektoren Tourismus sowie Energie und Wasser.
Ideen mit Impact fördern
Auch die Business Partnership Facility (BPF) bietet Finanzmittel für Investitionsvorhaben in Ländern an, für die der klassische Bankenmarkt häufig keine Finanzierungen anbieten kann. Das Programm, ein Joint Venture zwischen der EU und der luxemburgischen Entwicklungsorganisation Lux Development, unterstützt KMU und Investor:innen mit Sitz in der EU bei der Entwicklung von Partnerschaften und Kooperationen in Entwicklungs- und Schwellenländern, insbesondere in Afrika, aber auch in Asien, Lateinamerika und in Europa (Kosovo).
Auch hier ist das Ziel, Wachstum und Beschäftigung in den Partnerländern zu fördern: „Wir möchten innovative und nachhaltige Nord-Süd-Partnerschaften unterstützen, die einen Beitrag zu den Sustainable Development Goals leisten – indem sie Arbeitsplätze schaffen oder sich positiv auf Umwelt oder Gesellschaft auswirken“, so BPF-Programmleiterin Estelle Lyon-Chaudron. Dabei kann
die Kofinanzierung in Form eines Zuschusses bis zu 50 Prozent des Gesamtbudgets eines Projekts betragen, sie darf nur nicht den Schwellenwert von 200.000 Euro überschreiten.
Das Leben der Ärmsten verbessern – mit hoher Innovationskraft
Der Global Innovation Fund (GIF) ist ein internationaler Investitionsfonds mit Hauptsitz in London und Niederlassungen in Washington, D.C., Nairobi und Singapur. Er unterstützt seit 2016 ebenfalls innovative Produkte oder Dienstleistungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit durch Zuschüsse und Risikokapital. „Wir investieren nicht in konventionelle kleine und mittlere Unternehmen, die nur bestehende Ideen und Geschäftsmodelle replizieren. Wie unser Name schon sagt, sind wir ein Innovationsfonds. Wir suchen nach neuartigen oder neuen Ansätzen, die technologiegetrieben sein können“, sagte Avinash Mishra, Leiter der Abteilung für Investitionen im Privatsektor beim GIF. Das Programm fördert hauptsächlich Projekte in Subsahara-Afrika sowie Süd- und Südostasien, um dort das Leben und Wohlbefinden von Menschen – insbesondere von Mädchen und Frauen – zu verbessern, die von weniger als fünf US-Dollar am Tag auskommen müssen.
Zuschüsse, Darlehen und Eigenkapitalinvestitionen in Höhe von 50.000 bis 15 Millionen US-Dollar: Der GIF bietet eine gestaffelte Finanzierung mit spezifischen Obergrenzen. So unterstützt das Programm Unternehmer:innen in den Phasen der Erprobung und Verfeinerung ihrer Geschäfts- und Wirkungsmodelle sowie der Zusammenstellung von Wirkungsnachweisen, bevor sie nach Skalierungsmöglichkeiten für die Innovation suchen.
Worauf kommt es bei den Bewerbungen für die vorgestellten Programme an?
Während sich AfricaConnect, Business Partnership Facility (BPF) und Global Innovation Fund (GIF) in Ausrichtung und Schwerpunkt im Detail unterscheiden, ähneln sie sich in den wichtigsten Voraussetzungen:
- Unternehmenssitz in einem EU-Mitgliedsland (AfricaConnect und BPF)
- ein tragfähiger Businessplan für Geschäfte, die entwicklungspolitische, ökologische und soziale Nachhaltigkeitskriterien einhalten
- innovative Investitionen, die zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensbedingungen in den Entwicklungs- und Schwellenländern beitragen
Können auch Start-ups profitieren?
Programme wie AfricaConnect oder BPF eignen sich in der Regel nicht für Start-ups, da sie kein Risikokapital vergeben. Der GIF hingegen steht der Zusammenarbeit mit jungen Unternehmen aufgeschlossen gegenüber – vorausgesetzt, es gibt einen „Proof of Concept“. Dazu Avinash Mishra vom GIF: „Viele unserer Pilot-, Test- und Übergangsinvestitionen werden in Unternehmen getätigt, die wir als Start-ups bezeichnen würden. Dabei handelt es sich in der Regel um Eigenkapitalinvestitionen. Es gibt keine festen Kriterien in Bezug auf die Anzahl der Betriebsjahre oder eine bestimmte Umsatz- oder Kundenschwelle. Aber eine Sache ist für uns klar definiert: Wir investieren nicht in einen Geschäftsplan.“
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EIF-Bilanzbroschüre: Erreichtes und Ausblick
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