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„Jetzt kommt der wichtigste Part: die Umsetzung“

Die regulatorischen Entwicklungen hinsichtlich der menschenrechtlichen Sorgfalt von Unternehmen schreiten voran, sei es durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder durch die gesetzlichen Entwicklungen auf europäischer Ebene. Im Interview mit dem Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte teilt Luise Amtsberg, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, ihre Perspektive zum Engagement der Bundesregierung für den Schutz von Menschenrechten entlang von Lieferketten und berichtet, welche Themen sie während ihrer Amtszeit besonders vorantreiben möchte

Helpdesk WiMR: Frau Amtsberg, seit Anfang des Jahres sind Sie Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe. Wo sehen Sie das Engagement der Bundesregierung für bessere Bedingungen in der Lieferkette jetzt und in der Zukunft?

Frau Amtsberg: Klar ist, Profite wurden viel zu lange über den Schutz der Menschenrechte gestellt und freiwillige Regelungen waren weitestgehend wirkungslos. Die Tragödie von Rana Plaza im April 2013 hat die Problematik auf grausame Weise verdeutlicht. Es brauchte eine gesetzliche Regelung, um menschenrechtliche Standards entlang komplexer Lieferketten sicherzustellen.

Im Juni 2021 hat der Bundestag dann endlich das Lieferkettengesetz verabschiedet – ein Schritt nach vorn. Wir haben heute zwar eine der stringentesten Regelungen weltweit, darauf können wir uns aber nicht ausruhen. Jetzt kommt der wichtigste Part: die Umsetzung.

Um verbindlich in die freie Wirtschaft zu wirken, muss der Staat eine glaubwürdige Rolle einnehmen und bei seinen eigenen Beschaffungen mit gutem Beispiel vorangehen. Die Bundesregierung wird die öffentliche Beschaffung und Vergabe daher wirtschaftlich, sozial, ökologisch und innovativ ausrichten.

Wo geht es in der Zukunft hin? Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wird ab 1.1.2023 die Unternehmensberichte der betroffenen Unternehmen überprüfen. Außerdem weitet der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte sein Beratungsangebot für Unternehmen aus. Die deutschen Auslandsvertretungen vernetzen sich mit Behörden, Auslandshandelskammern und anderen betroffenen Institutionen, um auch im Ausland Unternehmen zu ihren Sorgfaltspflichten beraten zu können oder zu vermitteln.

Aber auch auf EU-Ebene kommt Deutschland eine Führungsrolle zu. Wir wollen vergleichbare Wettbewerbsbedingungen, das haben wir auch im Koalitionsvertrag klar vereinbart. Gleichzeitig hoffe ich, dass wir auch bald über einen EU-Vorschlag zu einem Importverbot von Produkten aus Zwangsarbeit verhandeln können.

Helpdesk WiMR: Was können Sie in Ihrer neuen Rolle als Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe erreichen?

Frau Amtsberg: Als Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe werde ich unbeirrt Partei ergreifen für den weltweiten Schutz der Menschenrechte – auch und besonders wenn Zulieferer deutscher Unternehmen menschenrechtlichen Mindeststandards nicht genügen.

Ich verstehe mein Amt als Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft, dem Parlament und der Bundesregierung. Diesen Erfahrungen möchte ich innerhalb der Regierung stärker Gehör verschaffen. Dabei möchte ich auch das Bewusstsein dafür schärfen, dass man beim Thema Wirtschaft und Menschenrechte nicht trennscharf zwischen Innen-und Außenpolitik unterscheiden kann: Entscheidungen in deutschen Firmenzentralen haben international Auswirkungen. Das verpflichtet.

Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten treffen vulnerable Gruppen, Minderheiten, Frauen, Kinder bzw. Menschen, denen das Recht auf soziale, politische oder wirtschaftliche Teilhabe fehlt. Ich möchte unsere feministische Außenpolitik vorantreiben, die genau hier ansetzt, die Geschlechtergerechtigkeit oder die Förderung von Teilhabe und Vielfalt nicht als Themen für einzelne Politikfelder versteht, sondern als einen umfassenden Ansatz für Außenpolitik.

Helpdesk WiMR: Viele Unternehmen bereiten sich nun auf die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vor. Wenn Sie zu diesem Thema eine Nachricht an alle deutschen Unternehmensverantwortlichen richten könnten, was wäre diese?

Frau Amtsberg: Mit dem bald in Kraft tretenden deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz setzen wir nicht nur gemeinsam neue Maßstäbe, sondern schaffen auch Planungssicherheit, Rechtssicherheit und gleiche Wettbewerbsbedingungen. Das ist also aus unternehmerischer Sicht ein Vorteil, sagen mir Gesprächspartner aus der Wirtschaft. Auch Konsumenten in Deutschland beobachten die globale Verantwortung international operierender Unternehmen immer genauer, sei es im Zusammenhang mit Zwangsarbeit in China, Kinder in Minen in Afrika, oder Umweltschäden in Mexiko. Transparenz ist also auch ein Wettbewerbsvorteil!

Gerade die Pandemie hat gezeigt: Unternehmen, die ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden, sind in Krisen resilienter. Mein Rat daher an Sie: Nutzen Sie jetzt das Momentum durch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Nutzen Sie die Unterstützungsangebote und stellen Sie Ihr Unternehmen und Ihre Lieferketten schon jetzt auch mit Blick auf eine künftige EU-Regelung zukunftssicher auf. Auf diese Erfahrungen werden Sie bauen können. Je klarer das wird, je konstruktiver der Dialog zwischen Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Bundesregierung ist, desto aktiver kann die Bundesregierung im Interesse aller nach außen auftreten. Wir sind damit gemeinsam Vorreiter.

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