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„Vom Potenzial der Fabriken absolut positiv überrascht“

Das Bild zeigt einen Mann, der hinter einem Rednerpult steht. In der Hand hält er ein Mikrofon, in das er spricht.
Der Moderator der Abendveranstaltung Oswald Felli (GIZ Ghana) bei der Anmoderation des Austausches zwischen Stakeholdern und Einkäufer:innen.

Die Abkehr von weit entfernten Beschaffungszielen hin zu Märkten, die näher an Europa liegen, ist schon länger zu beobachten. „Nearshoring“ nennt sich dieses Phänomen. Doch kann Ghana von dieser Entwicklung profitieren und sich am globalen Sourcing-Markt positionieren? Im Februar 2022 haben sich Einkäufer:innen von sieben internationalen Mode- und Bekleidungsunternehmen selbst ein Bild gemacht – auf Einladung der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH.

Globalisierung, Digitalisierung und zuletzt die Corona-Pandemie verändern die Bekleidungsindustrie. Viele Unternehmen haben die Entwicklungen zum Anlass genommen, ihr Lieferantennetzwerk zu überprüfen und neue Wege zu gehen. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Accenture sinkt Chinas Anteil am Sourcing-Markt für Bekleidung, nachdem das Land viele Jahre unangefochtener Spitzenreiter war. Auch Länder wie Bangladesch, Indien und Kambodscha verlieren an Bedeutung, während sich neue, preisattraktivere Länder positionieren. In den Fokus gerückt sind dagegen vor allem – auch aufgrund gestiegener Preise für Logistik und Transport – nähere Beschaffungsmärkte, darunter Ghana.

Alternativen zu Asien als Beschaffungsmärkte gewinnen an Bedeutung

Im Februar 2022 haben sich Einkäufer:innen von sieben Mode- und Bekleidungsunternehmen aus Europa, Asien und Afrika selbst überzeugt. Die GIZ hatte sie zu einer Käuferreise nach Ghana eingeladen. Mit dabei: Vertreter:innen von Otto International, Eterna Mode GmbH, Kaya & Kato, Global Tactics, Pole Pole, Emeka und Infiiloom

Seit 2019 unterstützt ein Projekt die wachsende Textil- und Bekleidungsindustrie Ghanas dabei, Geschäftsmodelle sozial und wirtschaftlich zu gestalten. Dafür kooperiert die GIZ mit internationalen Textilunternehmen. Das Projekt wird im Rahmen des Förderprogramms develoPPP durchgeführt, mit dem das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unternehmerische Initiativen mit entwicklungspolitischem Nutzen unterstützt. Zusätzlich gefördert wird es von der Sonderinitiative Ausbildung und Beschäftigung, die im Auftrag des BMZ unter der Marke Invest for Jobs agiert, und darauf abzielt, in ihren acht afrikanischen Partnerländern gemeinsam mit Unternehmen gute Arbeitsplätze und Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Im Rahmen des Projekts hat die GIZ gemeinsam mit den privaten Partnern das ‚Ghana Apparel Training and Service Centre‘ (GATSC) aufgebaut. Dort werden Fabrikmitarbeiter:innen in Bereichen geschult, die bisher in Ghana nicht unterrichtet werden, jedoch für das Exportbusiness von zentraler Bedeutung sind – darunter digitale Schnitttechnik und Mechanik für automatisierte Nähmaschinen. Zusätzlich zur Vermittlung von technischen Produktionsfähigkeiten werden Fabriken im Zuge des Projekts bei der Umsetzung von Sozialstandards beraten.

Das Bild zeigt, wie ein Mann einer Frau ein Mikrofon überreicht. Im Hintergrund sitzen Menschen an gedeckten Tischen.
Auf der Abendveranstaltung berichten Einkäufer:innen den ghanaischen Stakeholdern von ihren Eindrucken nach den ersten Fabrikbesuchen und geben ihre Einschätzungen zu Chancen und Schwächen des Sektors.

Netzwerktreffen mit Vertreter:innen aus Politik, Wirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit

Zum Abschluss der Unternehmerreise gab es ein Netzwerktreffen am 10. Februar 2022 in Accra. Dabei kamen die Einkäufer:innen mit Vertreter:innen vom ghanaischen Wirtschaftsministerium (Ministry of Trade and Industry, MoTI) und Branchenfachleuten vom Verband der ghanaischen Textil- und Bekleidungsindustrie (Association of Ghana Apparel Manufacturers, AGAM) ins Gespräch. 

Wird Ghana aus den Fehlern der anderen Länder lernen?

Auch Dorothee Dinkelaker, Referentin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei der Deutschen Botschaft in Ghana, war zu Gast. Ihr Eindruck: „Ghanas Textil- und Bekleidungssektor hat die große Chance, von den Entwicklungen in anderen textilproduzierenden Ländern zu lernen und dieselben Fehler zu vermeiden. Es ist wichtig, dass von Beginn an elementare Nachhaltigkeitsstandards eingehalten werden und neu entstehende Jobs ein gutes Einkommen, sicherere Arbeitsbedingungen und eine Einhaltung aller gängigen internationalen sowie nationalen Arbeitsrechte sicherstellen. Genau hier bringt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ihre Expertise ins Spiel.“

Neue Kund:innen, neue Jobs in Ghana

Kwasi Ofori-Antwi, zuständig für strategisch wichtige „Ankerindustrien“ beim MoTI, nutzte die Gelegenheit, um die Bedeutung der Bekleidungsindustrie für sein Land herauszustellen. Mit Blick auf die deutsche Entwicklungszusammenarbeit sagte er: „Der Textil- und Bekleidungssektor ist einer der Sektoren, in denen wir ein großes Potenzial für die Schaffung neuer Jobs sehen. Und zwar vor allem, wenn mehr und mehr internationale Kunden Ghana als Beschaffungsmarkt entdecken. Hier sind wir dankbar für die Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, die nicht nur potenzielle Kunden ins Land bringt, sondern die Fabriken durch ihre Trainings- und Beratungsangebote auch entsprechend darauf vorbereitet.“

Export nimmt Fahrt auf

Branchenkenner Gregory Kankoh, Vorsitzender von AGAM, verwies auf die reiche Tradition der Bekleidungsindustrie im Land und zeigte aktuelle Lernkurven auf: „Wir sind eine Industrie, die stark in einheimischer Hand, und langsam gewachsen ist. Zudem haben wir uns lange Zeit sehr stark auf den lokalen und regionalen Markt fokussiert. Der Export in internationale Zielmärkte wie die USA oder die EU hat in den letzten Jahren an Fahrt aufgenommen. Wir wissen, dass wir uns hier in einigen Bereichen weiter verbessern müssen, um noch mehr dauerhafte Geschäftsbeziehungen aufzubauen – und arbeiten sehr hart daran. Gleichzeitig sind wir für die weitere Internationalisierung und Professionalisierung neben der politischen Unterstützung durch das MoTI auch auf Support von außen angewiesen.“

Das Bild zeigt acht Personen, die sich zu einem Gruppenfoto formiert haben. Sie schauen in Richtung Kamera.
Einkäufer:innen von sieben Unternehmen nahmen an der Abendveranstaltung teil: v.l. Ralf Polito, COO Eterna Mode GmbH; Dorota Kacperek, Pole Pole; Michal Miziarski, founder of Pole Pole; Rajesh Golani, Business Developer Infiiloom; Valentine Hecht, Produktionsmanager Kaja & Kato; Sydney Nwakanma, Founder Emeka-Suits; Ji-Lip Lee, Co-founder Global Tactics; Hasan Can Taskent, Business Development Manager Otto International Scan-Thor.

„Absolut begeistert" nach Fabrikbesuchen

Das Treffen gab auch den Einkäufer:innen untereinander Gelegenheit zum Austausch. „Gerade im Vergleich zu meinem bisherigen Beschaffungsmarkt Kenia bin ich von den Fabriken bislang absolut begeistert“, sagte Sydney Nwakanma, Gründer und Inhaber von Emeka. Sein Unternehmen fertigt in Kenia neue Kleidungsstücke aus wiederverwertbaren Materialien und Secondhandkleidung. „Beeindruckend ist zudem, welche Trainings- und Serviceleistungen am ‚Ghana Apparel Training & Service Centre‘ angeboten werden – insbesondere, was die digitale Erstellung von Schnittmustern betrifft. Ein Thema, bei dem ich jedoch definitiv noch Verbesserungspotenzial sehe, ist die ökologische Nachhaltigkeit“, so Nwakanma.

Ähnlich schätzt Ralf Polito, Chief Operating Officer bei Eterna, die Voraussetzungen vor Ort ein. Das deutsche Bekleidungsunternehmen Eterna mit Sitz in Passau ist spezialisiert auf Herrenhemden und Damenblusen. „Nach den ersten Fabrikbesuchen bin ich vom Potenzial der Fabriken absolut positiv überrascht. Natürlich ist nicht alles perfekt, und man sollte sicherlich nicht mit den komplexesten Produkten starten. Aber die Basics sind ebenso da, wie die Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln.“

Sie haben Fragen zum Thema? Ihr Ansprechpartner in der AWE:

Hans Joachim Hebgen
Finanzierung, Textilwirtschaft, develoPPP, InfoDesk Ukraine und Östliche Partnerschaft
+49 (0) 228 446012-12

Carolin Welzel 
Internationale Organisationen, develoPPP, InfoDesk Ukraine & Östliche Partnerschaft
+49 (0) 30 726256-97
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Ihr Ansprechpartner vor Ort:

Christian Wollnik
Team Leader develoPPP Ghana
+233 59 69 130 95

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