Wechsel an der AWE-Spitze: Was war? Was kommt?
Über sechs Jahre leitete Dr. Corinna Franke-Wöller die AWE. Nun verlässt sie die Agentur. Ein guter Zeitpunkt, um mit ihr und ihrer Interims-Nachfolgerin Almuth Dörre über die Entwicklung der AWE, deren Erfolge und den „AWE-Spirit“ zu sprechen. Und darüber, warum Kaffeemaschinen beim Recruiting der Agentur eine besondere Rolle spielen.
AWE: Auf welche Erfolge, die Sie persönlich oder als Team innerhalb der AWE erzielt haben, sind Sie stolz?
Dr. Corinna Franke-Wöller: Es gibt nicht DEN einen großen Erfolg, auf den ich rückblickend auf sechs Jahre Leitung der AWE besonders stolz bin. Wir als Team haben über 6.000 Anfragen zu Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern von Unternehmen, Verbänden und anderen Interessierten beraten und begleitet. Wir haben die Anregungen aus der Wirtschaft dankbar aufgenommen, so zu kommunizieren, dass jeder Mittelständler oder sonstige Fachfremde unsere Webseite, Newsletter oder Social-Media-Informationen versteht, sei es zu Investitionen in Afrika oder zum Sorgfaltspflichtengesetz. Wir haben die mittelständische Wirtschaft und internationale Banken in einen operativen und wirksamen Austausch gebracht. Wir sind große Fans der Digitalisierung, was sich unter anderem bei unserer frei zugänglichen Online-Förderdatenbank oder dem Online-Tool zu Corporate Social Responsibility zeigt.
Und zu guter Letzt: Es ist ein großartiges, unglaublich kompetentes und internationales Team, mit dem ich in den letzten Jahren zusammenarbeiten konnte.
Almuth Dörre: Ich denke, unser größter gemeinsamer Erfolg war, die AWE thematisch und personell in den vergangenen fünf Jahren gut aufgebaut und am Markt etabliert zu haben. Wir gingen 2016 mit drei Beratenden an den Start und sind heute ein etabliertes Beraterteam. Wir verfügen darüber hinaus über ein professionelles Marketing und Veranstaltungsmanagement sowie über effektive digitale Tools zur Unterstützung von Unternehmen.
AWE: Vor welchen besonderen Herausforderungen steht die AWE und ihr Team Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren?
Franke-Wöller: Ich denke, dass die AWE künftig den Weg der internationalen Kooperation gehen sollte. Die Unternehmen interessieren sich weder für die Ressortzuständigkeiten in der Bundesregierung noch dafür, ob es sich um deutsche oder internationale Unterstützungsangebote für ihr Engagement in Entwicklungs- und Schwellenländer handelt. Angesicht der geopolitisch gigantischen Aufgaben zur Erfüllung der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) bedarf es hier eines weiten Blicks. Die AWE ist hier schon erste Schritte gegangen und berät mit internationalen Partnern zu Ausschreibungen internationaler Entwicklungsbanken.
Dörre: Die derzeitige Pandemie macht die globalen Herausforderungen wie unter einem Brennglas sichtbar. Lockdowns, Handelseinschränkungen und der globale Nachfrage- und Investitionsrückgang treffen viele Volkswirtschaften unmittelbar. Die wirtschaftlichen Folgen werden in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern schwerwiegend sein. Vielleicht ermöglicht die Pandemie aber zusätzlich auch einen Wandel im Denken. Sie zeigt, dass die weltweiten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte nur gemeinsam zu erreichen sind. Hier kann die AWE ein interessanter Partner sein und Unternehmen mit seinen vielfältigen Netzwerken unterstützen.
AWE: Stimmt es, dass Sie die Kandidatinnen und Kandidaten bei Einstellungsgesprächen stets fragen, wie es sich mit ihrer Performance an der Kaffeemaschine verhält und warum?
Franke-Wöller: Ja das stimmt. Ich arbeite gerne in flachen Hierarchien mit einem solidarischen Team und habe dies auch bei der AWE etabliert. Warum sollte ich als Leiterin einem Praktikanten nicht den Kaffee bringen, wenn dieser gerade einen brillanten Einfall hat? In der AWE haben alle, vom Praktikanten, Officemanager über die Marketingmanagerin bis zur Beraterin eine hohe Eigenverantwortung und dürfen selbst Entscheidungen treffen; nur die Fehlertoleranz war und ist unterschiedlich. Nur so ist für mich wirksames Führen heutzutage denkbar und nur so haben wir als Team die zahlreichen Herausforderungen der letzten Jahre gemeistert. Im Übrigen sind wir als Team aufgrund der berüchtigten Kaffeefrage zu echten Kaffeekennern zusammengewachsen.
AWE: Die AWE hat sich in den vergangenen sechs Jahren von einer Ein-Personen-Servicestelle zu einer respektablen Unternehmensberatung entwickelt. Welche Ereignisse haben diesen Prozess aus Ihrer Sicht besonders geprägt?
Franke-Wöller: Unser Auftrag ist es, für Unternehmen ein One-Stop-Shop im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit zu sein. Daher standen für uns immer die Unternehmen im Mittelpunkt unseres Tuns: Wir haben unsere Workshops oder Publikationen immer so ausgerichtet, dass sich ein mittelständischer CEO dafür die Zeit nehmen würde. Und die Onlinedatenbanken sind so gestaltet, dass sie für Unternehmen eine Entlastung darstellen. Für uns als Team ist in erster Linie die Sicht der Unternehmen maßgeblich – und nicht, was sich die Institutionen oder das Ministerium wünscht. Dass dieser Weg letztlich richtig war, hat die Kundenzufriedenheitsumfrage der AWE deutlich gezeigt. Ich bin sehr dankbar, dass alle – das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) – diesen Weg mit viel Vertrauen in unsere Arbeit so mitgegangen sind.
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg war dabei das Team: Die AWE setzt sich zu einem Großteil aus international erfahrenen Führungskräften zusammen, die sich wie in einem Startup, der gemeinsamen Idee einer bestmöglichen Beratung von Unternehmen verschrieben haben. Die Innovationskraft, Leidenschaft und das Engagement waren für mich auch in herausfordernden Zeiten immer ein Grund, nach vorne zu schauen, sich nicht beirren zu lassen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln.
AWE: Welche Charaktereigenschaften würden Sie der AWE zuschreiben?
Dörre: Einer unserer Kunden sagte einmal: „Was mir bei der AWE besonders gefallen hat, war, dass es so unkompliziert lief, pragmatisch und schnell“. Die Unternehmen stehen für uns im Sinne unserer Kundenorientierung im Mittelpunkt unserer Arbeit. Neben der klassischen Beratung bieten wir auch digitale Tools und immer wieder einen Austausch über neue interessante Themen, die Unternehmen die Zusammenarbeit mit der EZ und ihre Aktivitäten in Entwicklungs- und Schwellenländern erleichtern.
Neben Förder- und Finanzierungsinstrumenten bieten wir Unternehmen, Inspiration, Netzwerke im In- und Ausland sowie einen regelmäßigen Austausch bei Veranstaltungen mit nationalen und internationalen Partnern aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft.
AWE: Seit sechs Jahren sind Sie als Beraterin für die AWE tätig. Welche Erfahrung oder welches Projekt würden Sie als Ihr persönliches Highlight beschreiben?
Dörre: Es gab viele unterschiedliche Highlights. Jedes Projekt ist sehr individuell und so individuell sind auch die Lösungen, die Instrumente und die Projektkonzeption.
Vielen Unternehmen ist oftmals vor dem ersten Beratungsgespräch nicht klar, was die Entwicklungszusammenarbeit an Kooperationsmöglichkeiten bietet. Sie kennen lediglich den Begriff „Entwicklungshilfe“ und können sich konkrete Synergien für Ihr konkretes unternehmerisches Anliegen oft nicht vorstellen. Nachher sind Sie erstaunt, was die EZ alles bietet. Wichtig ist, dass die Beratenden die richtigen Fragen stellen und einen Bezug zum Kerngeschäft herstellen.
Eines ist klar: Die Arbeit bei der AWE hat mir bislang immer viel Spaß gemacht. Besonders schöne Momente sind immer, wenn uns Unternehmen viele Monate nach der Beratung über ihre Aktivitäten und Ihre Erfolge berichten.
AWE: Nun übernehmen Sie als Interim-Leitung den Staffelstab und ein Team von mittlerweile knapp 30 Mitarbeitenden. Was steht ganz oben auf Ihrer Agenda?
Dörre: Wichtig ist mir, dass wir den guten Spirit der letzten Jahre erhalten, sodass wir Unternehmen weiterhin hervorragende Dienstleistungen anbieten können. Natürlich gibt es auch einige Ideen für weitere AWE-Initiativen. Davon erfahren werden Sie dann, wenn es soweit ist.
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