Fragen und Antworten zum NAP
Der NAP wurde im Dezember 2016 vom Bundeskabinett verabschiedet. Im Aktionsplan verankert die Bundesregierung erstmals die Verantwortung von deutschen Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte in einem festen Rahmen. Die Bundesregierung formuliert darin ihre Erwartung, dass Unternehmen die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht einhalten und Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten achten.
Der NAP dient der nationalen Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die im Juni 2011 durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen verabschiedet wurden. Die Leitprinzipien sind das Resultat eines sechsjährigen Forschungs- und Konsultationsprozesses, der durch den VN-Sonderbeauftragten Prof. John Ruggie geleitet und aktiv durch die Bundesregierung unterstützt wurde. Sie gelten als die zentralen Leitlinien zu Unternehmensverantwortung und menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht (für eine ausführliche Darstellung internationaler Bestimmungen, Vorschriften und Normen siehe Frage 11).
Die VN-Leitprinzipien berufen sich auf bestehende Menschenrechtsverpflichtungen wie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, die UN-Menschenrechtspakte oder die ILO-Kernarbeitsnormen. Sie formulieren keine neuen Menschenrechte, sondern Erwartungen zur Einhaltung bestehender Menschenrechte durch bestimmte Prozesse. Als internationales Rahmenwerk formulieren sie Anforderungen an Politik und Wirtschaft und bilden damit erstmals einen allgemein anerkannten Referenzrahmen für menschenrechtliche Pflichten von Staaten und für die Verantwortung von Unternehmen in globalen Liefer- und Wertschöpfungsketten.
Die VN-Leitprinzipien und der NAP bauen auf den sogenannten „drei Säulen“ des Schutzes der Menschenrechte auf:
- In einer ersten Säule zeigen sie auf, dass Staaten zum Schutz der Menschenrechte verpflichtet sind („staatliche Schutzpflicht“).
- In einer zweiten Säule sind wirtschaftliche Akteure in die Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte eingebunden („unternehmerische Sorgfaltspflicht“).
- Die dritte Säule fordert den Zugang zu Beschwerde- und Abhilfemöglichkeiten für Personen, deren Menschenrechte bei unternehmerischen Aktivitäten missachtet werden.
Seit Frühjahr 2017 befasst sich ein Interministerieller Ausschuss für Wirtschaft und Menschenrechte (IMA) mit der Umsetzung des NAP. Hier werden insbesondere die weitere Konkretisierung und Operationalisierung des Aktionsplans behandelt. Im Nationalen CSR-Forum der Bundesregierung wurde zudem eine Arbeitsgruppe Wirtschaft und Menschenrechte gegründet. Zu den Mitgliedern gehören auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitsgeberverbände (BDA), der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Die AG Wirtschaft und Menschenrechte wird vom IMA in die Umsetzungsarbeit eingebunden und kann Empfehlungen zur Umsetzung des NAP aussprechen.
Informationen zum Umsetzungsstand des NAP sowie weiterführende Angebote finden Sie auch auf der zentralen Website der Bundesregierung zum Thema: www.wirtschaft-menschenrechte.de.
In Kapitel III des NAP formuliert die Bundesregierung ihre Erwartungen bezüglich der unternehmerischen Sorgfaltspflicht zur Achtung der Menschenrechte. Von Unternehmen wird erwartet, die fünf dort beschriebenen Kernelemente bei der Gestaltung ihrer Unternehmensprozesse, zum Beispiel von Lieferketten, zu berücksichtigen und umzusetzen (siehe Frage 3).
Die fünf Elemente der im NAP verankerten menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht finden Sie in Kapitel III des NAP:
- Grundsatzerklärung: „Mit Hilfe einer Grundsatzerklärung sollten Unternehmen öffentlich zum Ausdruck bringen, dass sie ihrer Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte nachkommen. Diese Erklärung sollte von der Unternehmensleitung verabschiedet und intern wie extern kommuniziert werden. Sie sollte zum einen dazu genutzt werden, für das Unternehmen und/oder die Branche besonders relevante Menschenrechtsthemen unter Bezugnahme auf internationale menschenrechtliche Referenzinstrumente zu behandeln und zum anderen das Verfahren beschreiben, mit dem das Unternehmen seinen menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nachkommt.“ (S. 8 NAP)
- Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte: „Im Kern der Sorgfaltspflichten steht die Einrichtung eines Verfahrens, das dazu dient, potenziell nachteilige Auswirkungen unternehmerischen Handelns auf die Menschenrechte zu ermitteln, zu verhüten oder zu mindern. Es geht hierbei nicht (nur) um die Betrachtung von Risiken für die eigene Geschäftstätigkeit, sondern insbesondere um menschenrechtliche Risiken für potenziell Betroffene des unternehmerischen Handelns (Beschäftigte im eigenen Betrieb, in der Lieferkette, Anwohner, Kunden etc.). Die Betrachtung potenziell nachteiliger menschenrechtlicher Auswirkungen ist eine kontinuierliche, prozessbegleitende und insbesondere auch sektorbezogene Aufgabe und sollte sowohl bei der Lancierung neuer Geschäftsbereiche, Produkte oder Projekte, als auch in bereits bestehenden Geschäftstätigkeiten erfolgen. Bei der Untersuchung möglicher Risiken muss unterschieden werden zwischen Auswirkungen, welche direkt vom Unternehmen verursacht werden; zu welchen das Unternehmen z.B. durch direkte Vertragsbeziehungen mit Lieferanten beiträgt; oder mit welchen das Unternehmen indirekt aufgrund seiner Geschäftsbeziehungen, seiner Geschäftstätigkeit, seiner Produkte oder Dienstleistungen trotz fehlender direkter Vertragsbeziehungen, z.B. bei einer Vielzahl von Zwischenhändlern, verbunden ist.“ (S. 8 NAP)
- Maßnahmen und Wirksamkeitskontrolle: „Basierend auf den Ergebnissen der Analyse sollten Maßnahmen identifiziert und in die Geschäftstätigkeit integriert werden. Hierzu kann z.B. gehören: spezialisierte Schulung bestimmter Beschäftigter im Unternehmen oder bei Lieferanten; Anpassung bestimmter Managementprozesse; Veränderungen in der Lieferkette; Beitritt zu Brancheninitiativen. […] Mit Hilfe einer Wirksamkeitskontrolle sollte das Unternehmen den Erfolg der ergriffenen Maßnahmen regelmäßig überprüfen und mit Betroffenen hierzu in einen Dialog eintreten.“ (S. 9 NAP)
- Berichterstattung: „Unternehmen sollten Informationen bereithalten und ggf. extern kommunizieren, um darzulegen, dass sie die tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen ihres unternehmerischen Handelns auf die Menschenrechte kennen und diesen in geeigneter Weise begegnen. […] Für eine solche Berichterstattung können sowohl bestehende Berichtsformate des Unternehmens als auch ein eigenständiges menschenrechtsbezogenes Format genutzt werden. Dabei sollen die Berichtspflichten nicht zu unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand für die KMU in den Lieferketten oder berichtspflichtigen Gesellschaften führen.“ (S. 9 NAP)
- Beschwerdemechanismus: „Zur frühzeitigen Identifikation von (tatsächlich oder potenziell) nachteiligen Auswirkungen sollten Unternehmen entweder selbst Beschwerdeverfahren einrichten oder sich aktiv an externen Verfahren beteiligen. Letztere können beispielsweise auf Verbandsebene eingerichtet werden. Je nach Zielgruppe sollte der Mechanismus unterschiedlich strukturiert werden. Die Zielgruppe sollte daher bei der Gestaltung des Verfahrens konsultiert werden. Bei der Einrichtung neuer ebenso wie bei der Nutzung bestehender Mechanismen sollte darauf geachtet werden, dass diese ein faires, ausgewogenes und berechenbares Verfahren sicherstellen, das für alle potenziell Betroffenen zugänglich ist (z. B. durch den Abbau von sprachlichen oder technischen Barrieren). Ergänzend sollte die Einrichtung anonymer Beschwerdestellen in Betracht gezogen werden. Das Verfahren sollte so viel Transparenz wie möglich gegenüber den beteiligten Parteien ermöglichen und im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards stehen. Bereits bestehende Beschwerdestellen im Unternehmen oder dessen Umfeld sollten auf ihre Konformität hinsichtlich dieser beschriebenen Kriterien überprüft werden. Der Beschwerdemechanismus und der gesamte Sorgfaltsprozess des Unternehmens sollten regelmäßig praxisnah auf ihre Effektivität hin überprüft werden.“ (S. 9 NAP)
Eine rechtliche Pflicht zur Umsetzung besteht derzeit nicht.
Die Bundesregierung erwartet jedoch von allen deutschen Unternehmen, dass sie die im NAP beschriebenen Elemente menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht in sämtliche Geschäftsaktivitäten integrieren.
Dies umfasst neben den eigenen Geschäftstätigkeiten explizit auch Prozesse zum Management von Liefer- und Wertschöpfungsketten.
Der NAP war ein wichtiger erster Schritt und setzte auf eine Umsetzung der Vorgaben durch Unternehmen auf freiwilliger Basis.
Der Status dieser freiwilligen Umsetzung wurde von 2018 bis 2020 im Rahmen eines breit angelegten Monitoring-Prozesses überprüft. Dabei wurde geprüft, inwieweit in Deutschland ansässige Unternehmen mit über 500 Mitarbeitenden ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht wie im NAP gefordert nachkommen.
Die Ergebnisse zeigten, dass lediglich 13 bis 17 Prozent der betrachteten Unternehmen die NAP-Anforderungen erfüllten, womit das von der Bundesregierung gesetzte Ziel von mindestens 50 Prozent „NAP-Erfüllern“ verfehlt wurde.
In diesem Fall sieht der Koalitionsvertrag vor, dass die Bundesregierung gesetzgeberisch tätig wird und sich auch auf europäischer Ebene für verbindliche Sorgfaltspflichten einsetzt.
Mehr Informationen zum Gesetzgebungsprozess finden Sie hier.
Das Wirkungsziel der menschenrechtlichen Sorgfalt ist es, dass Unternehmen bei ihrer Geschäftstätigkeit nachteilige menschenrechtliche Auswirkungen verhüten und mildern. Darauf müssen die entsprechenden Prozesse im Unternehmen ausgerichtet sein.
Unternehmen verfügen möglicherweise bereits über Prozesse, die eine Menschenrechtsperspektive beinhalten, z.B. Umwelt- und Sozialmanagementsysteme, insbesondere solche, die auf internationalen Standards beruhen. Diese Prozesse können ein wichtiger Ausgangspunkt für die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht sein. Die bestehenden Prozesse sollten daraufhin überprüft werden, ob sie die Anforderungen aus dem NAP abdecken bzw. wie sie durch eine Weiterentwicklung als Grundlage für die NAP-Erfüllung dienen können. So könnte bspw. ein robustes Arbeitssicherheits-Managementsystem, das auf den ILO-Kernarbeitsnormen beruht, einigen Anforderungen im NAP genügen. Schließlich sind die ILO-Kernarbeitsnormen ein Beispiel für bestehende Menschenrechtsnormen, deren Achtung durch die VN-Leitprinzipien und den NAP eingefordert wird.
Solche und ähnliche Systeme und Prozesse sind nicht automatisch deckungsgleich mit den Anforderungen des NAP und es bleibt daher im Einzelfall zu prüfen, ob bestehende Prozesse eines Umwelt- und Sozialmanagementsystems bereits den Anforderungen und Anspruchszielen des NAP entsprechen. Auch die Mitgliedschaft in Brancheninitiativen kann dienlich sein, um den im NAP gestellten Anforderungen zu entsprechen (siehe Frage 7).
Der NAP gibt neben den Beschreibungen zu den fünf Kernelementen (siehe Frage 3) auch einige allgemeine Vorgaben, die bei der Einführung und Durchführung der Prozesse menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht zu beachten sind:
- Die Ausgestaltung und Umsetzung der jeweiligen Sorgfaltspflichten sollte in Bezug auf die Kriterien Größe, Branche und operatives Umfeld in einer Liefer- oder Wertschöpfungskette mit internationalen Bezügen angemessen in bestehende Unternehmensprozesse integrierbar sein und keine unverhältnismäßigen bürokratischen Belastungen verursachen. ( S. 7 NAP)
- Je nach Größe des Unternehmens, der Art des Produktes oder der Dienstleistung, dem potenziellen Risiko menschenrechtlich besonders nachteiliger Auswirkungen sowie dem Kontext der Geschäftstätigkeit, sollten die zu ergreifenden Maßnahmen von unterschiedlicher Tragweite sein. ( S. 7 NAP)
- Bei der Gestaltung und Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt sollten die positiven Auswirkungen unternehmerischen Handelns, die unterschiedlichen Perspektiven der eigenen Beschäftigten, der relevanten Stakeholder sowie möglicher weiterer Betroffener einbezogen werden. Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf die Rechte der jeweiligen Beschäftigten sowie möglicher betroffener Anwohnerinnen und Anwohner gelegt werden. ( S. 7 NAP)
- Es kann sich anbieten, gewisse Elemente des Prozesses im Zusammenschluss mit anderen Unternehmen auf Verbands- oder Branchenebene durchzuführen. ( S. 7 NAP). Die Erarbeitung eines gemeinsamen Verständnisses der jeweiligen Branche über die konkrete Ausgestaltung der Sorgfaltspflicht ist ratsam ( S. 19 NAP). Das Textilbündnis soll als Vorbild für die Erarbeitung von Sorgfaltsanforderungen in anderen Branchen genutzt werden ( S. 21 NAP).
Hinweise zur Umsetzung entsprechender Prozesse finden Sie z.B. auf der Website des Textilbündnisses oder des UN Global Compact Netzwerk Deutschland.
Ja, die Mitgliedschaft in einer Brancheninitiative kann für die NAP-Umsetzung von Vorteil sein. Für das NAP-Monitoring werden nämlich im Rahmen bestehender Brancheninitiativen (z.B. Textilbündnis, Forum Nachhaltiger Kakao, Forum nachhaltiges Palmöl) erfolgte Maßnahmen und Berichterstattung berücksichtigt. Sofern eine Kompatibilität mit den Anforderungen des NAP festgestellt wird, werden diese Maßnahmen und Berichterstattung zudem für das Monitoring anerkannt. Der Mehraufwand für Mitgliedsunternehmen wird hierdurch begrenzt.
Einen Überblick zu laufenden oder abgeschlossenen Verfahren in Deutschland und weltweit finden Sie auf der Website der Nichtregierungsorganisation Business and Human Rights Resource Centers (hauptsächlich englischsprachige Inhalte, nur teilweise auf Deutsch), deren Vollständigkeit und Richtigkeit die Bundesregierung und der Helpdesk nicht überprüfen.
Der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte in der Agentur für Wirtschaft & Entwicklung berät Unternehmen und Verbände zu den Anforderungen des Nationalen Aktionsplans. Zentrale Aufgabe des Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte ist die Erst- und Verweisberatung zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte. Das Beratungsangebot ist kostenlos und wird finanziert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Informationen werden vertraulich behandelt.
Eine Vielzahl weiterer Unterstützungsangebote bieten Ihrem Unternehmen praktische Hilfestellung in Bezug auf menschenrechtliche Sorgfalt. Einen Überblick zu entsprechenden Angeboten in Deutschland finden Sie auf der zentralen Website der Bundesregierung zur Umsetzung des NAP sowie auf der Seite des Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte in der Agentur für Wirtschaft & Entwicklung.
Brancheninitiativen unter Beteiligung verschiedener Stakeholder (z. B. Textilbündnis, Forum Nachhaltiger Kakao, Forum nachhaltiges Palmöl) und Unternehmenszusammenschlüsse bieten ihren Mitgliedern für die NAP-Umsetzung hilfreiche Unterstützung und Hilfestellung. Auch branchenspezifische Unternehmens-Aktivitäten (z. B. „Runder Tisch Menschenrechte im Tourismus“, „Drive Sustainability“ für die Autoindustrie und „Chemie hoch 3“ der Chemieindustrie) können zur NAP-Umsetzung beitragen.
Das UN Global Compact Netzwerk Deutschland hält für Unternehmen umsetzungsrelevante Informationen bereit und bietet Ihnen das eigens geschaffene Qualifizierungsprogramm „Fit für Menschenrechte“ an. Auch mit Blick auf Best Practice bietet die Website des UN Global Compact Netzwerk Deutschland eine Auswahl an Beispielen. Auf der Website des Business and Human Rights Resource Centre können Sie sich zu Maßnahmen, die Unternehmen unterschiedlicher Branchen ergriffen haben, ebenfalls informieren. Der Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte bietet zudem zahlreiche Fallstudien, Hintergrundinformationen und Anleitungen zu zehn konkreten Menschenrechtsthemen. Als Nachhaltigkeitsbündnis der deutschen Industrie und Teil der NAP Steuerungsgruppe 2014-2016 ist auch das Unternehmensnetzwerk econsense ein Ansprechpartner.
In der Datenbank des Deutschen Nachhaltigkeitskodex finden Sie Beispiele zur Berichterstattung zum NAP. Nutzen Sie dafür in der Vergleichsfunktion den Filter und wählen Sie das Kriterium 17 (Menschenrechte) aus.
Eine eingehende Due Diligence zu Menschenrechtsthemen und Einhaltung der Berichtspflichten kann Vorteile für Ihr Unternehmen bedeuten:
Operationell
- Verringerung der Risiken im Tagesgeschäft durch Verringerung von Konflikten innerhalb Ihres Unternehmens oder mit örtlichen Gemeinden bzw. anderen externen Parteien.
- Verbesserung des Rufs Ihres Unternehmens sowie Schutz und Erhöhung des Markenwerts.
- Sicherung und Erweiterung Ihrer Kundenbasis durch Reputationsgewinn.
- Verbesserte und nachhaltigere Beziehungen zu Lieferanten.
- Positive Wahrnehmung als vertrauenswürdiger Partner im Vergleich zu Wettbewerbern.
- Steigerung der Attraktivität Ihrer Firma für gutes Personal; größere Mitarbeiterzufriedenheit sowie stärkere Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen.
Rechtlich
- Vorbereitung auf oder Umsetzung von nationalen oder internationalen Regulierungsmaßnahmen, die sich oft ebenfalls auf die VN-Leitprinzipien beziehen (siehe dazu auch Frage 11). Hilfreich ist in diesem Kontext dieser Überblick des Unternehmensnetzwerks econsense.
- Verringerung der Gefahr von Rechtsstreitigkeiten bezüglich Menschenrechtsverstößen.
Finanziell
- Attraktivität Ihres Unternehmens für institutionelle Investoren, einschließlich Pensionskassen, die ihren Investitionsentscheidungen zunehmend ethische Faktoren zugrunde legen.
Die Achtung von Menschenrechten wie beispielsweise der ILO-Kernarbeitsnormen ist bereits in verschiedenen nationalen und internationalen Richtlinien und Standards sowie politischen Grundsatzerklärungen verankert. Die VN-Leitprinzipien dienen hierbei in der Regel als wichtiger Bezugs- und Orientierungspunkt.
Zu den internationalen Standards und Richtlinien zählen zum Beispiel:
- Die OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen.
- Die Dreigliedrige Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik der Internationalen Arbeitsorganisation („MNE-Declaration“).
- Die IFC Performance Standards.
- Die EU Richtlinie zur CSR-Berichterstattung.
- Die Erklärung der G7 Staats- und Regierungschefs von Elmau 2015 und die Erklärung der G20 Staats- und Regierungschefs von Hamburg 2017.
Die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen sind das umfassendste internationale Regelwerk zur Förderung verantwortungsvoller Unternehmensführung. Sie richten sich an multinationale Unternehmen, die in einem oder aus einem teilnehmenden Land heraus tätig sind. Als multinational gilt dabei jedes Unternehmen, das mit Handel oder Investitionen verbundene Auslandsaktivitäten aufweist und zwar unabhängig von seiner Größe. Deutschen multinationalen Unternehmen gegenüber formuliert die Bundesregierung ihre feste Erwartung, dass sie die in den OECD-Leitsätzen niedergelegten Standards einhalten.
Die OECD-Leitsätze beinhalten anerkannte Grundsätze für verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten bei Auslandsaktivitäten u.a. in den Bereichen Soziales, Umwelt, Korruptionsbekämpfung und Steuern. 2011 wurden sie um ein Kapitel zu Menschenrechten, das die Vorgaben der VN-Leitprinzipien widerspiegelt, erweitert.
Weitergehende Konkretisierungen an die Unternehmen zur Umsetzung ihrer unternehmerischen Sorgfalt finden sich seit neustem in einer allgemeinen „Due Diligence Guidance for Responsible Business Conduct“ sowie in sektorspezifischen Handreichungen (teilweise auf Deutsch verfügbar):
- OECD-Leitsätze für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten (deutsch)
- OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains in the Garment and Footwear Sector (englisch)
- OECD/FAO-Leitfaden für verantwortungsvolle landwirtschaftliche Lieferketten (deutsch)
- Practical actions for companies to identify and address the worst forms of child labour in mineral supply chains (englisch)
- OECD-Leitfaden für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur konstruktiven Stakeholderbeteiligung im Rohstoffsektor (deutsch)
- Responsible business conduct for institutional investors (englisch)
Die Regierungen der teilnehmenden Staaten (35 OECD-Mitgliedsstaaten sowie 13 weitere) setzen Nationale Kontaktstellen (NKS) ein. Die deutsche Nationale Kontaktstelle (NKS) ist im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie angesiedelt. Ihr kommt die Aufgabe zu, das Bewusstsein für die OECD-Leitsätze sowie deren Verbreitung weiter zu fördern. Außerdem stellen sie bei Beschwerden über mögliche Verstöße gegen die OECD-Leitsätze ein Forum zur Vermittlung zwischen den Parteien bereit und dient in diesem Zusammenhang als außergerichtlicher Beschwerdemechanismus.
Der NAP weist der NKS und ihrem Beschwerdemechanismus im Hinblick auf Projekte der Außenwirtschaftsförderung der Bundesregierung eine neue Bedeutung zu: die konstruktive Teilnahme eines Unternehmens an Beschwerdeverfahren vor der NKS wird künftig bei der Gewährung von Exportkrediten, Investitionsgarantien und Ungebundenen Finanzkrediten berücksichtigt. Die Bundesregierung behält sich vor, einzelne Unternehmen, die sich nicht mit entsprechenden Vorwürfen auseinandersetzen, von den genannten Instrumenten der Außenwirtschaftsförderung auszuschließen.
Weitere Informationen zu den OECD-Leitsätzen, Handreichungen und zur NKS finden Sie hier.
Unabhängig vom NAP gibt es in Deutschland seit April 2017 ein Gesetz über die CSR-Berichtspflicht. Da beide Prozesse eine Berichterstattung durch Unternehmen zu Menschenrechten vorsehen, sind sie sich in ihrer Zielrichtung ähnlich. Dennoch sind sie rechtlich unabhängig voneinander zu verstehen. Eine Erfüllung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht laut NAP genügt nicht der CSR-Berichtspflicht und umgekehrt.
Das Gesetz zur CSR-Berichtspflicht – genauer das "Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage- und Konzernlageberichten" verpflichtet Unternehmen, etwaige wesentliche Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf die Lage des Unternehmens und das Unternehmensumfeld offenzulegen.
Durch das Gesetz wurde die EU-Richtlinie zur erweiterten Berichterstattung von Unternehmen umgesetzt. Unter die Berichtspflicht fallen kapitalmarktorientierte Unternehmen, Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Arbeitnehmern, die beim Vorliegen bestimmter Größenmerkmale im Hinblick auf Umsatz, Bilanzsumme und Arbeitnehmer als groß eingeordnet werden. Im Vergleich zum NAP sind der Geltungsbereich und die Anzahl der betroffenen Unternehmen also deutlich eingeschränkter.
Die Erklärung soll sich dabei beispielsweise auf Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange, sowie Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen. Negative Auswirkungen unternehmerischen Handelns in diesen Bereichen, Risiken und die Handhabung/Strategien des Unternehmens zu den genannten Belangen sind darzustellen, wenn sie wesentlich sind.
Die nichtfinanzielle Erklärung kann auf verschiedenen Wegen offengelegt werden, beispielsweise integriert in den Lagebericht, als separater Abschnitt innerhalb des Lageberichts oder als separate nichtfinanzielle Erklärung. Auch separate Nachhaltigkeitsberichte können die Offenlegungspflicht erfüllen.
Hilfreiche Rahmenwerke für die Berichterstellung sind zum Beispiel die Leitlinien der Global Reporting Initiative oder der Deutsche Nachhaltigkeitskodex. Unternehmen können ausnahmsweise für sie erheblich nachteilige Informationen nicht offenlegen, müssen dies aber begründen (‚Comply or Explain‘-Prinzip). Kommt ein Unternehmen der Pflicht zur Erstellung der nichtfinanziellen Erklärung nicht oder nur unzureichend nach, können Bußgelder drohen.
Weitere Informationen hierzu finden Sie auf http://www.csr-in-deutschland.de und http://www.csr-berichtspflicht.de/
Neben Deutschland haben auch viele andere Länder nationale Aktionspläne zur Umsetzung der VN-Leitprinzipien verabschiedet. Bislang gehören dazu Belgien, Chile, Dänemark, Finnland, Frankreich, Georgien, Irland, Italien, Kolumbien, Litauen, Niederlande, Norwegen, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechien, USA und Großbritannien. Eine gute Übersicht über die weltweiten NAPs gibt es hier.
Zahlreiche weitere Länder befinden sich zudem in der Entwicklungsphase oder haben die Absicht geäußert, einen solchen nationalen Aktionsplan zu entwickeln.
In anderen Ländern wurden zusätzlich zu Nationalen Aktionsplänen Gesetze beschlossen, die sich auf die Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfalt beziehen. Hier einige Beispiele:
- UK Modern Slavery Act 2015: Berichtspflichten für Unternehmen (36 Millionen Pfund Jahresumsatz mit Aktivitäten in Großbritannien) über Maßnahmen zur Vermeidung von Zwangsarbeit und Menschenhandel in eigenen Aktivitäten oder Lieferkette.
- UK Companies Act: Berichtspflichten u.a. zu Menschenrechten.
- Frankreich: Gesetz zu menschenrechtlicher Sorgfalt 2017 - Unternehmen mit über 5.000 Mitarbeitern in Frankreich oder 10.000 Mitarbeitern weltweit müssen einen Sorgfaltsplan erstellen und anwenden.
- Australien: Modern Slavery Act
- Niederlande: Gesetz zur Kinderarbeits-Sorgfaltspflicht 2019
Einen guten Überblick über die derzeitige weltweite Umsetzung der VN-Leitprinzipien finden Sie beim Business and Human Rights Resource Center und dem Unternehmensnetzwerk econsense.
Für einzelne Branchen existieren auch gesetzliche Vorgaben der EU (EU-Verordnungen), die menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse vorgeben:
- Die EU-Verordnung zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten („Konfliktmineralien“) ist im Juni 2017 in Kraft getreten. Geltungsbeginn hinsichtlich der Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette war der 01.01.2021.
- Die EU-Holzhandelsverordnung (englisch: European Timber Regulation, EUTR) und die darin enthaltene betriebliche Sorgfaltspflichtregelung trat im März 2013 in Kraft.