Aktuelle politische & rechtliche Entwicklungen
Deutsche Unternehmen jeder Größe sind heutzutage zunehmend in komplexe und globale Geschäftsbeziehungen eingebunden. Mit ihrem Einfluss steigt auch die Verantwortung, nachhaltig und sozial verantwortlich zu handeln.
Rahmenwerke wie die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte betonen die menschenrechtliche Sorgfalt für alle Unternehmen unabhängig ihrer Größe, ihres Sektors, ihres Standorts, ihrer Eigentumsverhältnisse und ihrer Struktur. Bestimmte Unternehmen werden jedoch besonders von aktuellen Gesetzgebungsprozessen erfasst.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)
In Deutschland gelten seit dem 1. Januar 2023 die Sorgfaltspflichten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG). Ziel des Gesetzes ist es, Rechtsklarheit für Unternehmen zur Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltsprozesse zu schaffen und die Rechte von potenziell Betroffenen zu stärken.
Doch was hat es konkret mit dem Gesetz auf sich? Und welche Unternehmen sind betroffen? Kurzgefasst: Das Gesetz sieht Sorgfaltspflichten für Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten in Deutschland vor. Hierbei werden auch Zeitarbeiter:innen und ins Ausland entsendete Arbeitnehmende berücksichtigt.
Natürlich werfen die gesetzlichen Anforderungen bei Unternehmen viele Fragen auf. Wir als Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte unterstützen Sie daher gerne bei der Umsetzung menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltsprozesse in Ihrem Unternehmen.
Europäische Entwicklungen
EU-Richtlinie über unternehmerische Nachhaltigkeitspflichten (CSDDD)
In der Europäischen Union trat am 25. Juli 2024 die EU-Richtlinie über unternehmerische Nachhaltigkeitspflichten (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) in Kraft. Mit ihr wird erstmals länderübergreifend eine einheitliche und verbindliche Regelung geschaffen, mit der EU- und in der EU tätige Drittstaatsunternehmen verpflichtet werden, menschenrechts- und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in der sog. Aktivitätenkette zu verankern. Als Richtlinie ist sie in das nationale Recht der Mitgliedsstaaten umzusetzen. Die CSDDD sieht hierfür einen Umsetzungszeitraum bis zum 26. Juli 2026 vor.
Anders als das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) werden Mitarbeiterzahlen nach Vollzeitäquivalenten berechnet. Leiharbeit und andere atypische Beschäftigungsformen sind eingeschlossen, wenn die Kriterien des Arbeitnehmerbegriffs des Europäischen Gerichtshofs erfüllt sind. Weitere Informationen zur CSDDD finden Sie in unserem Blogbeitrag.
Neben der CSDDD gibt es auf europäischer Ebene weitere Entwicklungen sowie bereits geltende Verordnungen und Richtlinien im Bereich unternehmerische Sorgfalt und Nachhaltigkeit.
EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD)
Die EU Richtlinie zur nicht-finanziellen Berichterstattung (Non-Financial Reporting Directive, NFRD) wurde reformiert. Die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) verpflichtet einen nun größeren Kreis an Unternehmen zur Berichterstattung über Nachhaltigkeitsaspekte und sieht vor, dass die Berichterstattung nach bestimmten Standards, den European Sustainability Reporting Standards (ESRS), erfolgen muss. Die Richtlinie ist in Deutschland noch nicht umgesetzt. Der Regierungsentwurf für ein Umsetzungsgesetz wurde am 9. September 2024 in den Bundestag eingebracht. Eine Anhörung von Sachverständigen hat am 16. Oktober 2024 im Rechtsausschuss stattgefunden. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem ein Ersetzungsrecht vor, d.h. Unternehmen können statt einem LkSG/BAFA-Bericht einen Bericht nach den Vorgaben der CSRD veröffentlichen und beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einreichen.
EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR)
Die Ende Juni 2023 in Kraft getretene EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte, (englisch: Regulation on Deforestation-free Products, EUDR), sieht für die Rohstoffe Rind, Holz, Soja, Kaffee, Kakao, Naturkautschuk und Palmöl Sorgfaltspflichten vor. Ab dem 30. Dezember 2024 müssen Unternehmen sicherstellen, dass Erzeugnisse, welche gemäß der zolltariflichen Nomenklatur als relevant definiert sind, nur dann auf dem EU-Markt in Verkehr gebracht oder bereitgestellt werden bzw. aus dem EU-Markt exportiert werden, wenn sie:
- frei von Entwaldung oder frei von Waldschädigung sind,
- im Einklang mit der lokalen Gesetzgebung des Erzeugerlandes hergestellt wurden und
- eine Sorgfaltserklärung vorliegen haben.
Die Unternehmen müssen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten bestimmte Informationen sammeln, Risiken bewerten und ggf. Risikominderungsmaßnahmen ergreifen.
EU-Zwangsarbeitsverordnung (FLR)
Die EU-Zwangsarbeitsverordnung (Forced Labour Regulation, FLR) sieht ein allgemeines Marktverbot für Produkte vor, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden. Diese dürfen weder auf dem EU-Binnenmarkt angeboten noch in Drittstaaten exportiert werden. Das Verbot gilt für alle Arten von Produkten und erfasst Ware, die innerhalb der EU und in Drittstaaten hergestellte wurde. Die Verordnung befindet sich im finalen Stadium des Gesetzgebungsprozess der Europäischen Union. Nach einer Einigung zwischen dem EU-Parlament und dem Rat der Europäischen Union im März 2024 stimmte das Parlament im April 2024 zu. Die formelle Annahme durch den Rat konnte jedoch vor den Europawahlen nicht erfolgen; diese wird nun für Herbst 2024 erwartet. Die Zwangsarbeitsverordnung tritt als Verordnung zwar unmittelbar in den Mitgliedsstaaten in Kraft, erfordert aber dennoch ein deutsches Begleitgesetz, das unter anderem die behördlichen Zuständigkeiten und Bußgeldtatbestände festlegt.
EU-Verordnung zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette von Metallen aus Konflikt- und Hochrisikogebieten
Am 1. Januar 2021 trat die EU-Verordnung zur Sorgfaltspflicht in der Lieferkette von Metallen aus Konflikt- und Hochrisikogebieten (EU 2017/821) in Kraft. Diese zielt darauf ab, dass EU-Importeure, Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erze und Gold (englisch: Tin, Tantalum, Tungsten, Gold - 3TG) nur noch aus verantwortungsvollen Quellen und nicht aus Konflikt- oder Hochrisikogebieten beziehen. Durch die Verordnung wurden für EU-Importeure von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erze und Gold weitgehende Sorgfalts- und Berichtspflichten entlang der Lieferkette verbindlich. Sie müssen ein Risikomanagement beim Rohstoffeinkauf anwenden, dieses durch ein unabhängiges Audit durch Dritte überprüfen lassen und darüber einen Bericht veröffentlichen.
Der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP)
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz orientiert sich eng am Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP), der seinerseits die Anforderungen der VN-Leitprinzipien widerspiegelt.
Somit bildet der NAP eine gute Grundlage für das Handeln deutscher Unternehmen in ihren Wertschöpfungs- und Lieferketten. Um menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse systematisch und strukturiert im Kerngeschäft zu etablierten, enthält der NAP fünf zentrale Anforderungen (Kernelemente):
- Grundsatzerklärung der Unternehmensleitung zur Achtung der Menschenrechte
- Eine fundierte Risikoanalyse zu möglichen nachteiligen Auswirkungen des unternehmerischen Handelns
- Risikominimierende Maßnahmen und deren Wirksamkeitskontrolle
- Berichterstattung
- Beschwerdemechanismus
Obwohl sich der NAP an alle Unternehmen richtet, wird auch der Perspektive und den besonderen Herausforderungen von KMUs Rechnung getragen. So soll gemäß dem NAP die Umsetzung menschenrechtlicher Sorgfaltsprozesse durch Unternehmen in einer für ihre Größe, Branche und Position in der Lieferkette angemessenen Weise stattfinden.
Der NAP ist als kontinuierlicher Prozess zur Umsetzung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in Unternehmen angelegt. Der bisherige NAP deckte den Zeitrahmen von 2016 bis 2020 ab, weshalb aktuell an einem Folgeprozess gearbeitet wird.