Stabile Wirtschaftsentwicklung im Senegal
Die neue EU-Afrika-Strategie, die voraussichtlich 2021 auf dem 6. AU-EU-Gipfeltreffen beschlossen wird, will die partnerschaftliche Zusammenarbeit in ausgewählten Schlüsselbereichen stärken. Um Chancen für die angestrebte deutliche Aufstockung ökologisch, sozial und finanziell nachhaltiger und klimaresilienter Investitionen aufzuzeigen, präsentiert die AWE Einschätzungen afrikanischer Wirtschaftsvertreter zu Investitionspotenzialen in ausgewählten Branchen. In Folge 6 der Reihe Chancenkontinent Afrika spricht Mountaga Sy, Geschäftsführer der senegalesischen Agentur zur Förderung von Investitionen und Großprojekten (APIX), über Reformpläne seines Landes und mögliche Kooperationen mit Partnern aus Deutschland. Das Gespräch führte Dr. Alawi Swabury.
Stabilität trotz COVID-19
Senegal zählt zu den politisch und wirtschaftlich stabilsten Ländern Afrikas und hat es bislang auch geschafft, die COVID 19-Krise recht gut zu bewältigen. Die Wachstumsrate des Landes am westlichen Zipfel des Kontinents blieb in den letzten fünf Jahren kontinuierlich über der Fünf-Prozent-Marke. Gleichwohl veränderten sich mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie zu Anfang des Jahres 2020 die wirtschaftlichen Aussichten des Landes. Wichtige Industriezweige wie der Tourismus wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Laut Mountaga Sy ist davon auszugehen, dass die senegalesische Wirtschaft in diesem Jahr nicht schrumpfen wird:
„Im Rahmen des Pandemie-Resilienzplans schnürte die senegalesische Regierung ein Paket zur Unterstützung der Wirtschaft und der sozialen Wohlfahrt. Inzwischen wissen wir, dass unser BIP im Jahr 2020 stabil sein wird und eine Rezession vermieden werden kann.“
Mountaga Sy, Geschäftsführer der senegalesischen Agentur zur Förderung von Investitionen und Großprojekten (APIX)
Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,7 Prozent im Jahr 2020 und hält für 2021 eine Wachstumsrate von fünf Prozent für möglich– wenn es gelingt, die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen.
Chancen für Investoren aus Deutschland und Europa
Für Mountaga Sy bietet Senegal diverse Chancen für Investoren aus Deutschland und Europa. Beispielsweise sei der Ausbau von Hotels und anderen tourismusbezogenen Infrastruktureinrichtungen mit einem hohen wirtschaftlichen Potenzial verbunden. Auch Beteiligungen am Gesundheits- und Pharmasektor sowie Bauvorhaben großer Infrastrukturprojekte gehören zu den Sektoren, in denen deutsche und europäische Fertigkeiten, Technologien und Finanzierungsmodalitäten einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Senegals leisten können. Weil Senegal zur Herstellung von Ernährungssicherheit die Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln anstrebt, sucht APIX nicht zuletzt auch nach ausländischen Investoren in den Bereichen Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung.
Herausforderungen mit Reformen begegnen
Trotz des großen wirtschaftlichen Potenzials ist Senegal auch über die Coronakrise hinaus mit Herausforderungen konfrontiert. Beispielsweise ist das Land aufgrund seiner Nähe zur Sahelzone akut vom Klimawandel bedroht. Deswegen verfolgt Senegal die Umsetzung vom Reformplänen, die beispielsweise den Aufbau erneuerbarer Energien betreffen. Weil Deutschland eine führende Position in diesem Bereich einnimmt, sieht Mountaga Sy eine gute Möglichkeit für Kooperationen mit deutschen Unternehmen:
„Wir wollen den Anteil erneuerbarer Energien in unserem Energiemix erhöhen und können dafür Investoren aus Deutschland gebrauchen.“
Mountaga Sy, Geschäftsführer der senegalesischen Agentur zur Förderung von Investitionen und Großprojekten (APIX)
Darüber hinaus setzt sich die APIX für weitere langfristige Reformen ein, die der senegalesischen Wirtschaft zugutekommen sollen. Diese betreffen unter anderem die vereinfachte Erteilung von Arbeitserlaubnissen, die Erleichterung von Geschäften sowie die Erweiterung der sozialen Sicherheit. Ferner baue APIX in Zusammenarbeit mit dem Wirtschafts- und Finanzministerium derzeit eine Plattform zur Förderung des privaten Sektors auf. Weitere Reformen verfolgt Senegal im Bereich der Landwirtschaft, dem dynamischsten Wirtschaftssektor des Landes:
„Derzeit arbeiten wir daran, den Vergabeprozess effizienter und transparenter zu gestalten, sodass ausländische Investoren leichter Land im Senegal erschließen können.“
Mountaga Sy, Geschäftsführer der senegalesischen Agentur zur Förderung von Investitionen und Großprojekten (APIX)
Zusammenarbeit mit Deutschland
Die deutsche Bundesregierung unterstützt die Reformbemühungen Senegals. Nach Ansicht von Mountaga Sy habe das westafrikanische Land dabei insbesondere vom Programm „Compact with Africa“ profitiert. Die Vereinbarung werde Senegal dabei helfen, die aktuellen Reformprogramme zu beschleunigen und somit zukünftig besser beim Doing-Business-Rating der Weltbank abzuschneiden. Gleichzeitig orientiert sich Senegal in einigen Bereichen der laufenden Reformprozesse am Beispiel Deutschland. So könne Senegal beispielsweise bei der Gestaltung des Ausbildungssystems von Deutschland lernen:
„Wir brauchen qualifizierte junge Menschen, um die verschiedenen Reformprojekte umzusetzen. Das deutsche Modell der dualen Berufsausbildung dient hier als geeignetes Vorbild.“
Mountaga Sy, Geschäftsführer der senegalesischen Agentur zur Förderung von Investitionen und Großprojekten (APIX)
Auch hinsichtlich des Zugangs zu Finanzmitteln habe sich Senegal von deutschen Finanzierungsmöglichkeiten inspirieren lassen. Mit deutscher Unterstützung arbeite APIX derzeit an der Einrichtung eines KMU-Fonds. Dieser soll kleinen und mittelständischen Unternehmen im Senegal Kreditlinien zur Verfügung stellen und damit zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beitragen.