Vereinte Nationen: Von Ausschreibungen profitieren
Die Vereinten Nationen kaufen für ihre Büros und Aktivitäten weltweit Waren und Dienstleistungen über Ausschreibungen ein. Das große Beschaffungsvolumen der United Nations (UN) bietet deutschen Unternehmen aus verschiedenen Branchen gute Geschäftschancen: Sie haben das Know-how und die Produkte, die gefragt sind. Während einer Delegationsreise in die USA – organisiert von der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung (AWE) und der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer – hatten interessierte Unternehmer:innen Ende März 2023 Gelegenheit, Einblicke in die Arbeitsschwerpunkte und die Projektpipeline der einzelnen UN-Agenturen und in die Auftragsvergabe der Vereinten Nationen zu erhalten. Nun sind die Teilnehmenden bestens gerüstet für kommende Ausschreibungen.
Ausschreibungen nutzen: Mit den Vereinten Nationen ins Geschäft kommen
Sowohl politisch als auch wirtschaftlich sind die Vereinten Nationen ein echtes Schwergewicht. Mit ihren 39 Organisationen gilt die UN als größte Einkäuferin weltweit. 2021 kaufte sie Waren und Dienstleistungen über Ausschreibungen mit einem Gesamtwert von fast 30 Milliarden US-Dollar ein. Allein das UN-Sekretariat beschafft jährlich über vergebene Aufträge Produkte und Services in Höhe von drei Milliarden US-Dollar.
Gleichzeitig nimmt das Beschaffungsvolumen des UN-Systems seit Jahren stetig zu. Die drei Organisationen mit den größten Zuwächsen sind das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), das Büro für Projektdienste der Vereinten Nationen (UNOPS) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Ein Marktvolumen, das für viele deutsche Unternehmen interessant ist und nicht ausgeschöpft wird. Mit einer Vergabequote von 35 Millionen US-Dollar im Jahr 2022 rangiert Deutschland nur im Mittelfeld.
Aber wie geht man am besten vor, um die Geschäftschancen zu nutzen? Die Vereinten Nationen erstellen jährlich Statistiken (Annual Statistical Reports), in denen genau erfasst wird, was eingekauft wird und in welchen Ländern. Die Statistiken ermöglichen es Unternehmer:innen, sich einen ersten Eindruck über das Einkaufsspektrum und die Einkaufspraxis der UN-Familie zu verschaffen.
Marktanalyse: Potenzial erkennen
Interessierte Firmen können so die UN-Agenturen ermitteln, deren Bedarf am besten zum eigenen Produkt oder Service passt. Die jeweils gültigen Vorschriften zur Registrierung und Angebotsabgabe sind genau zu beachten und sind dokumentiert. So legen UNOPS und UNICEF zum Beispiel Wert auf die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien, beim UN-Sekretariat und dem UN-Beschaffungswesen (United Nations Procurement Division, UNPD) ist Nachhaltigkeit noch nicht als Vergabekriterium etabliert.
Neben der Information und Vorbereitung über die Website sollte der persönliche Kontakt nicht unterschätzt werden. „Bei Fragen können sich Unternehmen gerne auch im Vorfeld direkt an die ausschreibende Stelle wenden, um eine gut informierte Entscheidung treffen zu können“, rät Greg Kuchler, Chief of Technology & Infrastructure Support Service, vom UN-Beschaffungswesen.
UN-Beschaffung: Welche Produkte und welche Dienstleistungen stehen auf der Einkaufsliste?
Mit ihrer Arbeit decken die Entwicklungseinrichtungen der Vereinten Nationen eine große Bandbreite an Sektoren ab – von nachhaltiger Energie, Landwirtschaft, öffentlicher Verwaltung, Umwelt bis hin zu Bildung, wirtschaftlicher Entwicklung und vielen anderen Bereichen. Welche Produkte und Dienstleistungen dabei auf der Einkaufsliste stehen? Hier eine Auswahl:
- Arzneimittel
- Medizinische Ausrüstung
- Nahrungsmittel
- Fahrzeuge
- Computer und Software
- Notunterkünfte
- Telekommunikationsausrüstung
- Produkte für die Wasserversorgung
- Laborausrüstung
- Chemikalien
- Baumaterialien
- Landwirtschaftliches Gerät
- Haushaltswaren
Bei den Dienstleistungen werden besonders nachgefragt:
- Sicherheitsdienstleistungen
- Personaldienstleistungen
- Ingenieurdienstleistungen
- Managementdienstleistungen
- Frachtdienstleistungen
- Druckdienstleistungen
- Consulting
- Telekommunikationsdienstleitungen
- Durchführung von Studien
Entsprechend der vielfältigen Aktivitäten der Vereinten Nationen bietet das Beschaffungswesen somit Möglichkeiten für unterschiedliche Branchen und Unternehmen. „Egal welches Produkt oder welche Dienstleistung Sie anbieten – es gibt eine UN-Agentur, die es kauft“, bringt es Greg Kuchler auf den Punkt.
UN Global Marketplace sorgt für Überblick
Der UN Global Marketplace (UNGM) ist die zentrale Plattform der Vereinten Nationen für die Registrierung von Lieferant:innen. Er bringt Verantwortliche des UN-Beschaffungswesen und potenzielle Auftragnehmer:innen zusammen.
Nach der erfolgreichen Registrierung und dem Bestehen der Verifizierungsverfahren treten deutsche Lieferant:innen ins Blickfeld aller 39 UN-Agenturen. Neben der Funktion als Lieferantendatenbank gibt der UN Global Marketplace zudem einen guten Überblick über aktuelle Ausschreibungen. Aktuell sind bereits rund 3.000 deutsche Unternehmen auf dem Portal registriert und nehmen dadurch an offenen Ausschreibungen zur Lieferung der verschiedenen UN-Organisationen teil. Die Größe des Unternehmens spielt dabei keine Rolle: „Kleine und mittlere Unternehmen sind das tägliche Brot im UN-Geschäft“ betont Greg Kuchler.
Ein weiteres Medium für die Veröffentlichung von UN-Ausschreibungen ist die Vergabeplattform UN Development Business (UNDB). Im Unterschied zum UNGM repräsentiert sie einen größeren Markt von Projektmöglichkeiten von internationalen Institutionen, darunter auch multilaterale Entwicklungsbanken.
Was zeichnet erfolgreiche UN-Dienstleister aus?
Die Auslandshandelskammer New York hat mit Nicole Klug seit vielen Jahren eine ausgewiesene Expertin für das Beschaffungswesen der UN an Bord. Unternehmen können sich hier individuell beraten und begleiten lassen. Folgende Voraussetzung sollte man auf Anraten der AHK erfüllen:
- internationale Erfahrung
- mindestens drei Jahre Exporterfahrung
- ausreichende Kapazität
- finanzielle Solidität
- Besitz internationaler Qualitätszertifikate
- gute Englischkenntnisse
- internationale Wettbewerbsfähigkeit
- kurze Lieferzeiten
- Ausdauer
Zudem sehen es die Verantwortlichen beim UN-Beschaffungswesen gerne, wenn sich Unternehmen für UN-Themen engagieren. Eine Möglichkeit der aktiven Mitarbeit ist das Netzwerk UN Global Compact. Die Initiative ist als Aufruf an Firmen zu verstehen, ihre Geschäftsabläufe und Strategien an zehn universell akzeptierten Prinzipien in den Bereichen Menschenrechte, Arbeit, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung auszurichten. Gleichzeitig verpflichten sich die Betriebe so den Sustainable Development Goals (SDGs).
Erfahrungsgemäß führt allerdings nicht gleich das erste Angebot zum Erfolg. Deshalb sei es wichtig, so Greg Kuchler, auch aus nicht erfolgreichen Angeboten zu lernen. Preis zu hoch? Formfehler? Technische Spezifikationen nicht erfüllt? Grundsätzlich empfiehlt er Unternehmer:innen dazu, nachzuhaken: „Bei einer Ablehnung, die man nicht nachvollziehen kann, sollte man um ein Nachgespräch bitten, so dass die Chancen beim nächsten Mal besser stehen.“
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